Jonas Berger
Über die grundlegende Verfasstheit von Verstecken und die Bedingungen der Erfüllung ihrer Funktion
Fachbereich Design
Das Verstecken, also das bewusste Verbergen von Gegenständen und Informationen in einem
„Raum für ein Geheimnis“ oder in einer „Situation für ein Geheimnis“, ist mutmaßlich eine
der ältesten Kulturtechniken der Menschheit und gleichzeitig doch kaum erforscht. Auch unser Alltag ist, dem Sinn des Sachverhalts geschuldet- naheliegenderweise häufig unbemerkt-, geprägt von Verstecken, von bewusstem Verbergen spezifischer Gegenstände oder auch Identitäten und Informationen vor dem Zugriff bestimmter Personen(gruppen). Dabei weist das Versteck zahlreiche Erscheinungsformen und eine Vielzahl an Berührungspunkten zu angrenzenden Themengebieten auf, welche die Reichhaltigkeit des Themas formulieren.
Das Forschungsvorhaben soll sich der Frage widmen, welcher Zusammenhang zwischen der Funktion von Verstecken mit ihrer Gestaltung und ihrem Kontext besteht.
Der für das Dissertationsprojekt verwendete Begriff „Versteck“ bezieht sich dabei als klare Eingrenzung auf solche, die einen physischen Körper haben. Verstecke müssen hierbei als gestaltete Objekte verstanden werden, die zahlreiche Design-Charakteristika aufweisen und als Werkzeuge genutzt werden, um Einfluss auf soziale Beziehungen und Verhältnisse zu nehmen und diese zu gestalten, wobei die Nutzungsziele von der Intention der Nutzenden abhängig sind.
Je nach Versteck können die intendierten Effekte sich auf stark begrenzte soziale Räume beziehen oder sogar Relevanz für ganze Gesellschaften haben. Verstecke können in mannigfaltiger Weise als Instrument genutzt werden, um zu kontrollieren, sich Kontrollen zu entziehen, um Machtpositionen zu festigen oder zu verschieben und der Selbstermächtigung machtarmer Akteure dienen.
Ebenso können Verstecke einer partizipativen Ausrichtung dienen und für diese angewendet werden.
Bei der Betrachtung zeigt sich, dass die äußere Erscheinungsform eines als Versteck genutzten Objekts an soziale Normen und Gepflogenheiten gekoppelt ist, die in dem lebensweltlichen Kontextausschnitt gelten, innerhalb dessen das Versteck situiert ist, und die es zu berücksichtigen gilt, um die Funktion des Versteckens zu gewährleisten. Dabei wird das Versteck seinerseits ideell und materiell geformt durch seinen Antagonisten, die Suche, der zu entgehen seine Hauptaufgabe ist. Die Suche wiederum rekurriert mit bekannten Verstecken und versucht neue zu antizipieren.
Es müssen also auch Klischees, stereotype Menschenbilder sowie Fragen des relevanten Habitus berücksichtigt werden, um das Vorhandensein eines Verstecks in gewissen sozialen, räumlichen und zeitlichen Kontexten zu legitimieren. Dabei lassen sich in der Beschaffenheit von Verstecken verschiedene designtheoretische Aspekte, wie etwa solche der Produktsprachlichkeit, erkennen, welche zwingend für die Erfüllung des Gelingens ihrer Funktion berücksichtigt werden müssen.
Der Fokus des Dissertationsprojekts liegt zum einen in der Untersuchung, welche Funktion Verstecke (im individuellen und kollektiven Leben einer Gesellschaft) erfüllen. Gemeint sind damit über die primäre Funktion des Verbergens hinaus auch die Zwecke, denen das Verbergen selbst für die Versteckenden dient oder dienen kann, zum anderen soll die Gestaltung von Verstecken untersucht werden und in welcher Weise sie von Funktionserfordernissen und Zwecken des Verbergens geprägt wird. Darüber hinaus geht es um den Zusammenhang, der in vielen Fällen zwischen der Gestaltung von Verstecken und den sozialen und materiellen Kontexten besteht, in welchen sie stattfinden. Den Kern des Forschungsvorhabens bildet dabei eine Analyse ausgewählter Fallbeispiele.
Betreuende:
Prof. Dr. Tom Bieling
Prof. Heiner Blum