Dr. Fabian Kragenings
Parameter des Entwerfens
(Fachbereich Design)
Ein Entwurf ist nie fertig. Ein Produkt allerdings schon. Der Gestalter übt sich darin, Einflussfaktoren in iterativ gewachsenen Varianten zu vereinen und entsprechend seines individuellen Verständnisses letztlich gestalterische Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen berufen sich somit zu einem Großteil auf verschiedene Faktoren - etwa produktionstechnische, technologische, politische, kulturelle -, welche ausschlaggebend für die Gestaltung eines Produktes im Kontext seiner zeitlichen Produktionsbedingungen sind. Diese Parameter (griech. para = dt. »neben«, metron = dt. »Maß«) bilden einerseits den gestalterischen Aktionsraum und Rahmen, in welchem Gestaltung passiert, andererseits, so die Leitthese dieser Arbeit, beeinflussen sie das Entwerferische Tun an sich. Gerade durch das Aufkommen computerbasierter, parametrischer Programme ab Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich das Entwerfen und damit das entwerferische Denken verändert. Aus der Möglichkeit der Verlagerung von relevanten Entwurfsprozesskomponenten an ein digitales (Rechen-) Medium resultiert zwar letztlich eine Effizienzsteigerung, allerdings ist innerhalb dieser Entwicklung der Einfluss gestalterischen Wirkens ebenso neu zu deuten, da Entscheidungen delegiert und nur noch abstrakt geplant, provoziert und evoziert werden. Durch solches delegieren bildet sich eine Metaebene von Gestaltung heraus, deren Auswirkungen mit zu bedenken sind. Innerhalb eines solchen Gefüges von Meta-Wirkungen, so der Anspruch dieser Arbeit, darf der Gestalter die Souveränität über das Medium /das Programm nicht verlieren. Vielmehr bedarf es einer Gestaltung der Gestaltung, die nicht nur Werte und Parameter setzt, sondern auch ein sie verbindendes Regelwerk, in denen sich relevante Faktoren auf komplexe Weise koordinieren.
Dabei ist genauer zu untersuchen, auf welchen Ebenen und in welchen Wirkungsgraden das Parametrische erfahrbar wird. Eine historische Betrachtung ausgewählter Beispiele soll die nötige Grundlage bilden, um die Wesensaspekte des Parametrischen zu erörtern und diese letztlich auf die Produktgestaltung anzuwenden. Es ist davon auszugehen, dass Parameter jeweils nur in einem Fall konstant sind, in einer nachfolgenden Anwendung jedoch wieder variiert und neu bewertet werden können. Mit Parametern kann einerseits eine gewisse Dynamik und Schnelllebigkeit von Entwürfen und ihrer Veränderung verbunden werden, andererseits zugleich auch eine Art von Konstanz, welche sich durch ein evolutionäres Wachsen gestalterischen Wirkens auszeichnet.
Man beobachtet Parametrisierungsprozesse vor allem dort, wo alltäglich erscheinende Vorgänge und Verhaltensweisen als Information verstanden und zuletzt mathematisiert werden. Es braucht dabei eine nötige Konstanz, eine Grundform oder eine grundsichere Plattform, damit Varianz überhaupt erst entstehen und zu neuen Ergebnissen führen kann – die ihrerseits wiederum verworfen oder auch weiterverfolgt werden. Das Parametrische zeichnet sich somit nicht nur durch die sprunghafte und vermeintlich willkürliche Wahl von neuen Werten und Inhalten aus, sondern ebenso durch seinen evolutionären Charakter bei zugleich substanzieller Anmutung. Die intrikaten Wechselbeziehungen, die in diesem metrischen Spannungsgefüge bestehen, und ebenso die Rolle des Gestalters, der diesen Metren ausgesetzt ist, gilt es innerhalb dieser Arbeit eingehend zu bestimmen. Letztlich geht es darum, neue Erkenntnisse und Formen der Anwendung für die Produktgestaltung namhaft zu machen.
Betreuende:
- Prof. Dr. Martin Gessmann
- Prof. Frank Zebner