Dr. Nico Reinhardt

Die Rolle des Materials im Gestaltungsprozess – Vom Material zum Gebrauch

(Fachbereich Design)

Wenn man die Entwurfspraktiken in der Produktgestaltung unter dem Aspekt der Materialien näher betrachtet, so lässt sich feststellen, dass man dem Stofflichen zwar eine große Bedeutung in der Produktentwicklung beimisst, aber Materialien postwirkend einer Form untergeordnet werden. Zuweilen sind Gestaltungsprozesse produktorientiert, stehen dabei diametral der wachsenden Bedeutung neuer wie tradierter Materialien und Verarbeitungsmethoden gegenüber. Was bedeutet es nun in der Produktgestaltung für den Entwurfsprozess, wenn das Material der Auslöser der Kreativhandlung ist und sich eine direkte Auswirkung auf die Formen ergibt, aus der sich schließlich eine Vielzahl von Produkten ableiten lässt? Dieser Frage wird mit dem Promotionsprojekt nachgegangen, denn es soll gezeigt werden, wie Entwurfsprozesse prinzipiell vom Material ausgehend initiiert werden können. Die gezielte, intensive Auseinandersetzung des Gestalters mit Materialien liefert dabei die Kenntnisse für die Gestaltung von Formen, Funktionen und den Gebrauch. Materialien, so die These, bilden das Motiv für die Entwicklung und Gestaltung neuer Produkte. Für diese Forderung spricht auch ein designgeschichtlicher Rückblick innerhalb der Produktgestaltung, welcher sich von der Gründung des Deutschen Werkbunds über das Bauhaus bis zur HfG Ulm nachvollziehen lässt. Hierbei wird deutlich, dass eine nachhaltige Auswirkung auf die Form, Funktion und Ästhetik von Produkten vorliegt, wenn der Gestaltungsprozess durch die Auseinandersetzung mit Materialien wie Stahl, Glas, Biegeholz, Beton, Kunststoff und den jeweiligen Bearbeitungsverfahren geprägt ist. Substanzielle Begriffe wie Materialgerechtigkeitechte Materialien oder herstellungsgerechtes Entwerfen sind noch immer Zeugen des Material-Form-Zweck-Diskurses innerhalb der kreativen Disziplinen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Einst Qualitätssiegel für höchste Entwurfsleistung industriell produzierter Serienprodukte, gelten die Begriffe nunmehr als überwunden. Dennoch besitzen Materialien weiterhin ein ungebrochenes Verführungspotenzial auf die kreativ Wirtschaftenden. Dies lässt sich sowohl bei neuen Materialien mit komplexen Eigenschaften feststellen, wie auch bei tradierten Werkstoffen. Aus dieser Beobachtung heraus ergibt sich eine Grundlage, erneut über ein materialorientiertes Entwerfen nachzudenken, um daraus Lösungsansätze für die Formgestaltung zu formulieren. An der Schnittstelle von Material und Design lässt sich der Formgebungsprozess sowohl designtheoretisch als auch gestalterisch ästhetisch, technologisch und werkstofflich nachhaltig essentiell untersuchen. Mit dieser Promotionsarbeit wird das Ziel verfolgt, Wege einer nachhaltigen Designstrategie aufzuzeigen, wonach das verwendete Materialsystem als untrennbarer Bestandteil den gesamten Gestaltungszyklus beeinflusst.

www.nicoreinhardt.com

Betreuende:

  • Prof. Dr. Bernhard E. Bürdek
  • Prof. Dr. Markus Holzbach

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