Johanna Laub

Vergangenheit in Bewegung: Dekonstruktive Geschichtsarbeit in zeitgenössischer Film- und Videokunst

Fachbereich Kunst

Seit den 1990er Jahren ist in verschiedenen Künsten eine nachhaltige Beschäftigung mit den Lücken in hegemonialer Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur zu beobachten. Dabei werden nicht nur marginalisierte oder verdrängte Geschichten recherchiert und rekonstruiert, sondern auch die Bedingungen thematisiert, unter denen diese Arbeit erfolgt – etwa die Abwesenheit oder Prekarität von Archiven. Mein Promotionsprojekt fragt nach dem Einsatz von Film- und Videokunst in einer solchen künstlerischen Geschichtsarbeit, die mit dem Bewegtbild eine eigenständige, heterogene Praxis herausbildet. Ich beziehe mich dazu auf Werke aus den Bereichen Videoinstallation, Essayfilm und experimentellem Dokumentarfilm, die sich teils fluide zwischen den Räumen der Kunst, der Festivalszene und digitalen Plattformen bewegen. 

Im Zentrum des Projekts steht die Frage, inwiefern diese filmischen Praktiken ein dekonstruktives Verständnis von Geschichte eröffnen können, welches sich der Instabilität von Rekonstruktion und den Grenzen von Repräsentation bewusst ist. Dies beinhaltet den Blick auf die eigenen Mittel: Inwiefern thematisieren Film- und Videokünstler*innen die Orte, Materialien und Medien ihrer Wissensproduktion? Und wie reflektieren sie darin den weitreichenden Einfluss ihrer eigenen (analogen und digitalen) Medien auf die Weise, wie Geschichte erlebt, überliefert und verhandelt wird? Unter Einbezug von ästhetischer Theorie, Film- und Medienphilosophie sowie post- und dekolonialer Theorie argumentiert das Projekt für eine filmische Vergegenwärtigung der Vergangenheit, die sich ihrer eigenen Ambivalenz bewusst ist: Entgegen der Erfahrung von Unmittelbarkeit wird die Medialität von historischem Wissen und historischer Erfahrung nach vorne getragen.
​Betreuerin: Prof. Dr. Juliane Rebentisch

 https://konfigurationen-des-films.de/

Vita

Johanna Laub ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Graduiertenkollegs „Konfigurationen des Films“ an der Goethe-Universität Frankfurt und Doktorandin an der Hochschule für Gestaltung Offenbach. Sie absolvierte ein Bachelor- und Masterstudium in Kunstgeschichte an der Universität Leipzig und der Université de Tours. Im Anschluss arbeitete sie als kuratorische Assistenz an der Schirn Kunsthalle Frankfurt u.a. an den Ausstellungen „Basquiat: Boom for Real“ (2018), „Hannah Ryggen: Gewebte Manifeste“ (2019) und „Big Orchestra“ (2019) und co-kuratierte das Screeningprogramm „Double Feature“.

In ihrer Forschung interessiert sie sich für Kunst als Ort der Wissensproduktion, für Archiv- und Geschichtstheorie sowie für die Verknüpfung von Kunst und Medienphilosophie. Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit schreibt sie Essays und Katalogbeiträge zu verschiedenen Themen der Gegenwarts- und Filmkunst. Von August bis Dezember 2022 war sie Gastwissenschaftlerin an der Mel Hoppenheim School of Cinema der Concordia University, Montréal.

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