Steffen Reiter
Material Computation Das Material als Medium
Fachbereich Design
Ausgehend von den heutigen technologischen Möglichkeiten lässt sich ein Wandel erkennen, der sich im Designprozess von der tradierten, reinen Materialauswahl hin zur gestalterisch initiierten Materialgenerierung und -manipulation vollzieht. Methoden des Designs finden somit bereits in der Entwicklung der Materialien Anwendung. Dadurch eröffnen sich vielfältige Ansätze in Makro-, Meso- und Mikromaßstäben sowie in deren Überlagerungen, die jeweils aus den materialspezifischen Eigenschaften sowie deren Bearbeitung hervorgehen. Dies insbesondere durch die Möglichkeit der Programmierung von Materialeigenschaften. Denn bedingt durch die Optionen digitaler, parametrisch generativer Entwurfswerkzeuge und neuer computergesteuerter Herstellungstechnologien, wie beispielsweise additiver Fertigungsverfahren, wird gegenwärtig eine Betrachtung von physischen Materialien als programmierbare, dynamische Materie denkbar (vgl. 4D-Druck, Voxel).
Die Trennung zwischen Materiellem und Digitalem wird zunehmend durchlässiger - Begriffe wie (Post-) Digitale Materialität, Physical Computing oder Computational Composite resultieren aus dieser neuen Paarbildung von Code und Material. Materialien agieren dabei in Teilen wie Software und können je nach Programmierungscode unterschiedliche Funktionen realisieren. Artefakte entstehen als emergente Agglomerationen gezielt gesetzter mehrdimensionaler „Materialpixel“.
Die Arbeit geht zum einen der Forschungsfrage nach, wie Materialsysteme programmiert werden können, so dass sich Funktionen (Aktuatorik und Sensorik) darin gezielt und exakt steuerbar implementieren lassen. Vorbilder sind nicht zuletzt Strukturen und Prozesse selbstorganisierender biologischer Systeme. Durch die steuerbare Einbettung von Informationen in eine Materialstruktur können eigenaktive, adaptive Eigenschaften in dieser erzeugt werden, wodurch die Grenze zwischen Artefakt und Organismus an Kontur verliert. Zum anderen sollen die Potentiale dieses Ansatzes in einem ersten Schritt untersucht und zu theoriefähigen Aussagen zusammengefasst werden. In Folge dessen sollen auch ausgewählte designhistorische Beispiele analysiert werden, um den Nukleus programmierbarer Materialien zu beleuchten. Sodann sollen diese Ergebnisse mit bestehenden Theorien der Mensch-Objekt-Interaktion in Beziehung gesetzt werden. Dabei soll vorrangig das Material selbst und dessen Artikulation mit in die Betrachtung Einzug halten.