Warum über, aber kaum mittels Gegenwartskunst polemisiert werden kann

Vortrag von Prof. Dr. Christian Janecke im Rahmen der Tagung »Konfliktfelder der Gegenwartskunst. Das Anstößige und die Zumutungen«

Abstract

Worauf sich Kunst heute bezieht und wie, mit welchen Sprachmitteln sie dies unternimmt, hat sich zwar sehr erweitert: Im Unterschied zu älteren Zeiten gefällt Kunst sich darin, alles Mögliche zu 'thematisieren'. Und sie kann das durchaus auch überzeichnend, sarkastisch, blasphemisch oder lautstark tun - jedoch nicht polemisch engeren Sinnes. Denn dazu bedürfte es erstens einer elaborierten und zugleich verbindlichen (statt nurmehr für Einzelwerke oder bloß einzelne Urheber geltenden) künstlerischen Sprache. Dazu bedürfte es zweitens eines die gemeinsame Streitlust erregenden Gegenstands- bzw. Referenzbereiches. Und es bedürfte drittens heutiger Adressaten, die eine entsprechende 'Fehde' zu vernehmen überhaupt noch imstande und willens wären. Stattdessen wurde Polemik, wo sie in der Kunstwelt überhaupt noch einen Platz findet, eher zur verschiedentlichen Haltung der Kritik, des Disputs oder des Bloggens über Kunst, als dass sie noch Sache der Werke selbst sein könnte. Es lohnt, diese Entwicklung etwas genauer zu rekapitulieren.

22. Januar 2016, 16:30 Uhr

Konfliktfelder gegenwartskunst plakat