un-built cities

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Urbanität zwischen Realität und Fiktion (...)

Zu den allen Enttäuschungen trotzenden Visionen der Welt zählt die Vorstellung von der völkerverbindenden Funktion des Sports. Das olympische Dorf als lokalisierbarer Ort der olympischen Idee zählt mit jeder Neuauflage der olympischen Spiele zu den großen Herausforderungen der Planer. Siedlungsort auf Zeit für die internationale Kommune der Spitzensportler auf der einen Seite und inzwischen weltweit verstreute Einfamilienhaustrabantensiedlungen ohne wirklichen Identifikationswert auf der andern, mutierten die Orte der Hoffnung zu Ghettos und Musterbeispielen unüberwindbarer Isolation. Wiebke Grösch und Frank Metzger konzentrieren ihre Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Phänomenen seit Jahren auf eine umfangreiche Recherche zur Vision, Realisierung, Existenz und nacholympischen Entwicklung dieser hybriden Siedlungsformen. »nach olympia«, 2002, ist der Titel der bislang umfangreichsten Inszenierung ihrer künstlerischen Recherche. »nach olympia« breitet in einer raumgreifenden Installation das „Material” aus Berlin (1936), Innsbruck (1964 und 1976), Grenoble (1968), München (1972), Seoul (1988) und Sydney (2000) aus. Schillernd zwischen der Faszination einer immer noch wirksamen Begeisterung für eine im Spiel verbundene Völkergemeinschaft und der Wahrnehmung einer schon im Abschlußbericht von 1932 mit wohl unfreiwilligem Zynismus gerühmten, rigiden Abschirmung von der Außenwelt, erscheint Olympia in der künstlerischen Aufbereitung von Grösch/Metzger als Prototyp der immer noch ungebauten Vision von Stadt als universalem Idealtyp menschlichem Zusammenlebens.
Innerhalb dieses weltumspannenden Netzwerkes avancieren die „individuellen” Schauplätze im gezielt unterkühlten System der Bild und Text verknüpfenden Registrierung zu austauschbaren oder exemplarischen Orten des Konflikts zwischen dem visionären Bild vom „global village” und den jedwede Stadtvision unterminierenden, normativen sozialen, politischen und ökonomischen Gegebenheiten in der Folge herrschender Machtstrukturen.
In »un-built cities« richten Wiebke Grösch und Frank Metzger den Blick auf Sydney. Der Austragungsort für die Spiele im Jahr 2000 zählt in der Geschichte der Spiele zu den perfektesten Siedlungen für eine auf Zeit ebenso umjubelte wie gefährdete Gemeinschaft von Menschen. Eine Fotografie dokumentiert den Eingang ins „village”. In den Brennpunkt gerät ein unübersehbares, edel gestaltetes Schild mit der Aufschrift PRIVATE ACCESS. Lakonischer läßt sich die Verkehrung der im olympischen Gedanken virulenten Vision von Urbanität in ihr Gegenteil schwerlich darstellen. Die heutigen Bewohner, mehrheitlich Angehörige besser gestellter Schichten, erwarben mit den Häusern die Bereitstellung eines Sicherheitsdienstes, der regelmäßig Patrouille fährt. Ghettoisierung hat viele Facetten – auch solche, an deren Anfängen eine urbane Vision stand, deren Realisierung noch aussteht.

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Copyright Text: Annelie Pohlen aus dem Ausstellungskatalog »un-built cities« im Bonner Kunstverein.

Die Installation »I’d rather be at Newington« von Wiebke Grösch und Frank Metzger, AbsolventInnen der HfG, Fachbereich VK / Bildende Kunst, wird in der Ausstellung »un-built cities« im Bonner Kunstverein gezeigt.


Ort:
Bonner Kunstverein, August-Macke-Platz, Hochstadenring 22, D-53119 Bonn
Ausstellungsdauer:
10. Dezember 2003 - 8. Februar 2004
Öffnungszeiten:
Dienstags bis Sonntags von 11 bis 17 Uhr, Donnerstags von 11 bis 19 Uhr und freier Eintritt, Montags geschlossen.

Weitere Informationen auf www.groeschmetzger.de und www.bonner-kunstverein.de .

pm