Die Kunst der Gegenuntersuchung: Sprachräume der Anteilnahme

mit Esther Dischereit und Tunay Önder
Angesichts der rechten Gewalt, der physischen wie der sprachlichen, verschlägt es einem förmlich die Sprache. Wie trotzdem darauf antworten, wie darüber sprechen? Welche Worte der Gewalt entgegnen? Wie an die Leidtragenden und Opfer erinnern? Neben politischen Initiativen und kritischen Medien beschäftigen sich in der Öffentlichkeit vor allem Schriftsteller_innen und Autor_innen mit diesen Fragen und ergreifen das Wort. Statt Motive und Taten in den Fokus zu stellen, entwickeln sie Text- und Sprachformen, die Menschlichkeit würdigen wollen, kollektive Erinnerung ermöglichen und die Anwesenheit der Abwesenden spürbar ma- chen. In ihren Klagen über die Opfer bekommt die Anklage der Verbrechen eine öffentliche Stimme. Dialogische, lyrische, fiktive, dokumentarische Texte in Antwort auf rechte Gewalt-Verbrechen trennen ästhetische Verfahren nicht von politischen. Sie spannen Räume des gemeinsamen Nachdenkens auf, des Sprechens und Zuhörens, der Aufmerksamkeit und Solidarität. Sie machen Sprachräume zu Orten der Anteilnahme und Kritik an der mangelhaften Aufklärung. Und sie fordern die Gewalt in der Sprache heraus, suchen nach Wegen, den verbalen Angriffen und Verhärtungen Worte der Zuneigung entgegen- zusetzen. Der Workshop lädt ein, Textpassagen aus Esther Dischereits vielseitiger Schreibpraxis zu lesen, zu hören und zu besprechen. Abends folgt ein Gespräch mit Tunay Önder und Esther Dischereit.
Eintritt frei / Anmeldung zum Workshop kunstdergegenuntersuchung@gmail.com / Texte werden zur Workshop-Vorbereitung versandt.
Esther Dischereit
Esther Dischereit erprobt seit vielen Jahren ein engagiertes und sensibles Schreiben in vielfältiger literarischer Form. Ihre Erzählungen, Gedichte, Theaterstücke, Prosatexte sowie
Essays wurden vielfach ausgezeichnet und international rezipiert. Auch als Herausgeberin, Kuratorin und Aktivistin hat sie sich in die Diskussion zu Fragen der Erinnerung und des Gedenkens eingebracht. In ihren Arbeiten stellt sie stets Zusammenhänge her zwischen dem Shoa-Gedenken und der Gegenwart rechter Gewalt sowie zwischen jüdischen und migrantischen Perspektiven in der Gesellschaft.
Tunay Önder
Tunay Önder vereint wissenschaftliches und künstlerisches Arbeiten im Theater und anderen Textformen. Sie wirkte mit bei den dokumentarischen Theaterstücken „Urteile“ (2016) über die Münchner Opfer des NSU sowie „Offene Wunde“ (2025), das den Anschlag am OEZ in München 2016 behandelt. Der mit dem Grimme-Preis nominierte Blog Migrantenstadl machte sie auch im
nicht-deutschen Sprachraum bekannt. Ihre Arbeiten schillern zwischen Lesung und Performance, Theater und Literatur, Kritik und Erzählung.
Ein Projekt von Marie-Hélène Gutberlet, Felix Trautmann und Franziska Wildt, HfG Offenbach und IfS Frankfurt, gefördert von der VolkswagenStiftung
30 Juni 2025
16 Uhr: Workshop, Linke Kapelle, HfG Offenbach
19 Uhr: Gespräch, KJK Sandgasse 26, Offenbach