Wege, die keine waren

Mit Arbeiten von Gerhard Faulhaber, Nola Fischer, Enxhi Mehmeti, oleif, Evelyn Roh, Nellis Lisa Sartor, Timon Sioulvegas
Es kommt wenig Farbe vor. Das wirkt weniger als Mangel, sondern wie eine klärende Notwendigkeit. Reize müssen geschont werden. Es geht um Substantielles. Es herrscht weitgehend eine gedimmte Schwarz-Weiß-Grau-Stimmung in den eher zeichnerischen Arbeiten. Grauwerte und Zwischentöne könnten sich austoben, haben das aber nicht nötig. »Himmelblau« von Enxhi Mehmeti ist eine rein kindliche Spielerei; ein tierischer Pinocchio in grauer Wolkenlandschaft zeigt, wie farbig Bleistiftzeichnung sein kann.
Formen und Figuren sind teils hartkantig konturiert, teils angedeutet oder befinden sich in einem Zustand der Bearbeitung, wie in der Arbeit »Mittag« von Nola Fischer. Die dargestellten Wände und die Tischplatte erscheinen einerseits so stabil, wie man es von ihnen gewohnt ist und sind andererseits kaum vorhanden.
Merkmale der Gegenwart spielen kaum eine Rolle. Die meisten Bilder könnten auch vor einigen Jahrzehnten entstanden sein, ohne dass man an Posthistoire denken muss. Das Zeitlose muss nicht immer geschichtsvergessen sein, ist aber ein Faktor, der sich nicht um flüchtiges Tagesgeschehen kümmern muss.
Viele der Exponate arbeiten mit akkumulierten Strichen. Es sind eher übereinander gelagerte Schraffuren und/oder zeichnerisch punktierte Flächen, die aus ihrer Kleinteiligkeit heraus fast zu vibrieren scheinen. Die zum Teil mikroskopische Bildtextur spielt mit einer Genauigkeit und Detailfreude, die eine meditative Betrachtung erlaubt. So wie die Zeichnungen aus dem Wald »Your face has faded« und »I don't look like me« von Oleif. Sie zeigen junge Fichten in kürzlich gerodeten Berglandschaften, basierend auf Referenzen aus dem Taunus.
Gerhard Faulhabers Zeichnungen scheinen ihr eigenes Verschwinden mit vorherzusehen. Die ephemeren Rücken-Ansichten lassen auch an bildgebende Verfahren aus dem Röntgenapparat oder der Anmutung eines MRT-Bildes denken. »Backing« von Nellis Lisa Sartor verbindet klanglich gedachte Impulse, farbliche Kontraste und figurative Projektionen zu einer visuellen Reflexion über Orientierung und Rückendeckung im abstrahierten Stadtraum.
Es herrscht in allen Arbeiten eine Klarheit, was was ist und wozu es gehört. Das ist natürlich Wunschdenken, aber kann in omnipotenter Krisenhaftigkeit vielleicht helfen. Bei Evelyn Roh kommt fast etwas Fröhliches und Unbeschwertes mit hinzu, wie man es von Spielkarten oder naiver Malerei kennt. In »Heute gibt es: nichts zu sagen« zeigen sich auf eine flache Art Perspektiven auf eine merkwürdige Tischsituation. Das Gefasste und Klare entfaltet nicht nur hier eine besonnene Anmut. Es geht um das Modell einer in sich verlorenen Kontemplation, bei der die Betrachter ganz aus ihrem Alltag in das Bildgeschehen entführt werden. Anteile des Fehlerbehafteten fehlen komplett in diesen Bildern. Das macht schon etwas Angst, ist aber auch eine schöne Illusion, für die eben Kunst immer noch gut sein kann.
Ernst Schulte-Jacob
Eröffnung
5. Juni 2025, 19 Uhr
Ausstellung
5.–8. Juni 2025
Öffnungszeiten
täglich 16–19 Uhr
Eulengasse
Seckbacher Landstraße 16, 60389 Frankfurt