Stellungnahme der Landes-ASten-Konferenz Hessen (LAK)

vor 18 Jahren

Einleitende Vorbemerkung
Die aktuell diskutierte Novelle zum Hessischen Hochschulgesetz unterscheidet sich von dem vorhergehenden Entwurf zu dem die LAK bereits Ende Februar Stellung bezogen hat im wesentlichen nur durch die Einfügung eines komplett neuen Paragraphen zur Verankerung der Frankfurter Hochschule, welche in eine Stiftungsuniversität umgewandelt wurde.

Wie aus der unten stehenden Begründung hervorgeht, betrachtet die LAK die aktuelle Novelle als nur eine weitere Verschärfung von Entdemokratisierungs- und Ökonomisierungstendenzen von Hochschule, die von ihr als zutiefst problematisch empfunden werden und mit einer Vorstellung von Hochschule als Raum für reflektionsfähige, kritische Bildung als Granat für Demokratiefähigkeit und politischer Teilhabe an Gesellschaft nicht vereinbar!

Vor diesem Hintergrund lehnt die LandesAstenKonferenz, wie bereits in ihrer ersten Stellungnahme betont, die Gesetzesvorlage zur 4. Novellierung des HHG entschieden ab. Die LAK und keine der ihr angehörigen Studierendenvertretungen, heißt eine weitere Entdemokratisierung des hessischen Hochschulgesetzes für gut. Aus Sicht des LandesAStenkonferenz sollte der Landesgesetzgeber die Vorlage deshalb weder in dieser noch in abgewandelten Form beschließen.

Begründung
Die 4. Novellierung des hessischen Hochschulgesetzes beinhaltet insbesondere die Möglichkeit der Übernahme des Hochschulautonomiegesetzes der TU Darmstadt auf alle hessischen Hochschulen. Dies steht für die LAK Hessen exemplarisch für die grundlegende Umstrukturierung der Hochschulen, hin zu neoliberalen Dienstleistungsunternehmen, wodurch die Entdemokratisierung der Hochschulen vorangetrieben wird, anstatt ihr entgegen zu wirken.

Das TUD Gesetz ist dabei 2004 als Modellprojekt installiert worden, um mittelfristig die bildungspolitische Verantwortung (Autonomie) von der Landesregierung auf alle hessischen Hochschulen zu übertragen - genau dies wurde bereits im TUD Gesetz explizit angekündigt (vgl. §1 des TUD Gesetzes).

Die Studierendenvertretung an der TUD kommentierte das Modellprojekt mit „KEINE AUTONOMIE OHNE DEMOKRATIE". Denn es steht zu befürchten, dass die Hochschulen als Teil der Gesellschaft nicht von letzterer bestimmt werden, sondern ihre Einflussnahme rückläufig sein wird, wenn die Entwicklung der Hochschule maßgeblich von dem dafür vorgesehenen Hochschulrat und dem Präsidium bestimmt wird.

Der Hochschulrat vertritt nicht die Interessen der Gesellschaft, wenn er sich lediglich aus von der Landesregierung und von der jeweiligen professoralen Mehrheit berufenen Mitgliedern zusammensetzt. In ihm sind weder die Interessen der Studierenden, noch die von anderen gesellschaftlichen Gruppen vertreten, sondern die von „wirtschaftsnahen“ LobbyistInnen. So ist der Hochschulrat allenfalls als Schnittstelle von Wirtschaft und Hochschule anzusehen, keinesfalls aber als demokratisch von der Gesellschaft legitimiert und mit Nichten von dieser kontrolliert. Insgesamt sieht die LAK die 4. Novelle des HHG als Versuch der Landesregierung an, die Hochschulen verstärkt unter die Kontrolle des Kapitals zu bringen. Hierdurch werden die Hochschulen aber nicht in die versprochene Autonomie entlassen, sondern im Gegenteil verstärkt vom Kapital fremd bestimmt – kurz: Autonomie erweist sich real als Heteronomie. Der aktuelle Versuch die Universität Frankfurt zur Stiftungsuniversität (noch) öffentlichen Rechts umzuwandeln ist dabei nur ein „Optimierungsversuch“ dieses Modellprojektes. Der Prozess zur Hochschule als marktgesteuertes Dienstleistungsunternehmen findet dabei auf der Ebene schrittweise voranschreitender Entdemokratisierungen statt. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer generellen Ökonomisierung von Hochschule in Forschung und Lehre.

Entdemokratisierung
Mit der Umstrukturierung hessischer Hochschulen nach dem Vorbild der TUD wird eine „Top-down“ Dynamik ausgelöst. Neben der massiven Zentralisierung über die enorme Stärkung des Präsidiums, werden demokratisch legitimierte Gremien wie Senat oder Fachbereichsrat (an einen Konvent will heute ohnehin niemand mehr denken) zu konsultativen Institutionen degradiert.

Jenseits dessen wird ein uni-externer Hochschulrat installiert, welcher fundamental in die hochschulinternen Entscheidungsfindungsprozesse eingreift. Neben der übergeordneten Stellung des Hochschulrats und die Notwendigkeit, dass durch Hochschulgremien gewählte bzw. berufene Personen sich vor diesem doppelt legitimieren müssen, besitzt er nicht zuletzt verheerenden Einfluss auf Universitätsstruktur, Ausrichtung, Lehre etc.

Dabei ist die „Unternehmensführung“ nicht etwa den Hochschulangehörigen Rechenschaft über seine Entscheidungen und Handhabungen pflichtig, sondern lediglich gegenüber dem Wissenschaftsministerium. Diese strukturell angelegte Intransparenz widerspricht allen Vorstellungen demokratischer Hochschulen und führt zur Hierarchisierung über einseitig asymmetrische Abhängigkeitsverhältnisse. Anläufe zur Abschaffung der Verfassten Studierendenschaften, Zentralisierung der Entscheidungen auf Hochschul – PräsidentInnen und die Beschneidung der Mitbestimmungsrechte von Personalvertretungen kennzeichnen einen Demokratieabbau, der eine gesellschaftliche Einflussnahme auf die Universitäten und Fachhochschulen noch weiter beschränkt als ohnehin schon. Neben der (struktur-)konservativen ProfessorInnenschaft darf nur noch die im Hochschulrat vertretene "Kapitalseite" über Forschung und Lehre mitbestimmen.

Ein weiterer Schritt in Richtung Entdemokratisierung zeigt sich in den Plänen der Stiftungsuni Frankfurt. Die Organisation der Verfassten Studierendenschaft (VS) soll von der Hochschule festgelegt werden. Eine Möglichkeit hierfür bestünde über die Grundordnung, somit würde eine professorale Mehrheit im Senat über die Geschicke der VS entscheiden, was sich erheblich auf die Kritikposition gegenüber Präsidium, Hochschulrat etc. auswirken wird. Das Heraufsetzen der Altershöchstgrenze für PräsidentInnen zeigt wiederum die engen Verknüpfungen von Politik und einflussreichen Persönlichkeiten, da diese Regelung alleinig für Steinberg -Präsident der Uni Frankfurt- eingeführt werden soll, um diesem eine weitere Amtszeit zu ermöglichen.
Ökonomisierung

Die Entscheidungskompetenzen des Hochschulrates bezüglich Unistruktur, Ausrichtung, Lehre, Berufungen, Ressourcenverteilung, Mittelzuweisung und Bauvorhaben haben enorme Folgen für Charakter und Inhalte von Lehre. Durch einen Wettbewerb um Drittmittel und Erfolgsbudget sind u.a. die Geisteswissenschaften strukturell als VerliererInnen vorprogrammiert. Diese haben lediglich eine Überlebenschance, wenn sie sich den „Forschungsinteressen“ der Wirtschaft anpassen und Auftragsforschung betreiben, d.h. ihr Fortbestand hängt davon ab, ob es ihnen gelingt ausreichend Drittmittel anzuwerben, was aber ihr Selbstverständnis im Sinne eines kapitalgesteuerten Dienstleistungsunternehmens festschreibt – kurz: die im Grundgesetz verankerte Freiheit von Forschung und Lehre wird ausgehöhlt und zur ,,freien“ Wahl der DrittmittelgeberInnen und der Studiengebühren zahlenden KundInnen modifiziert.

Die in der HHG Novelle angesprochenen hochschulübergreifenden Kooperationsmöglichkeiten von Fachbereichen lassen befürchten, dass mittelfristig solche ohne ein hohes Drittmittelaufkommen geschlossen, bzw. mit anderen zusammengelegt werden. Die Möglichkeit für Hochschulen Fachbereiche auch länderübergreifend zusammenzulegen ist wegen des föderalen „Flickenteppichs“, u. a. durch unterschiedlicher Prüfungs-, bzw. Studienordnungen wohl kaum praktikabel. In Hessen bedeutet dies konkret, dass die Fachhochschulen Wiesbaden und Frankfurt auch bei einer „Kooperation“ den Effekt von Studiengangszusammenlegungen (wie bei einer Fusion) erleiden werden.

Eine solche Fusion hat bereits im Jahr 2006 in Form von Zentrenbildung statt gefunden und Fachbereiche in Frankfurt, Gießen und Marburg wurden zusammengelegt. Die 4. Novelle des HHG ermöglicht es nun, (Bundes-)länder übergreifende Fachbereiche zu bilden. Dies wird zu einem Abbau studentischer und universitärer Selbstverwaltung und somit von demokratischen Strukturen führen. Außerdem hat eine Zusammenlegung von Fachbereichen auch einen massiven Stellenabbau im technisch-administrativen Bereich zur Folge.

Uni mit Corporate Identity Label
Nach der Föderalismusreform führt die Verschärfung des HHG zu erhöhtem Konkurrenzdruck um das Privileg der Elite/Exzellenz, sowohl auf Hochschulebene, als auch in den Hochschulen zwischen den Fachbereichen, bis hin zu den Studierenden selbst.

Die zunehmende Aufspaltung in Partikularinteressen, die nur noch taktische Bündnisse zwischen gesellschaftlichen Gruppen erlaubt ist dabei eine der dominierenden Herrschaftstechniken die die moderne Sozial- und Geisteswissenschaft ermöglicht, und erlaubt Solidarität zu disqualifizieren, indem sie gemeinsame Interessen versucht zu Fragmenttieren und Individualisieren. Konsequenz dessen ist unter anderem die vorbehaltslose Zustimmung der Hochschulen zur Einrichtung von Eliteuniversitäten und die Ausbildung eines Hochschulstandortlables.

Weitere Manifestation ist die uni – spezifische Veränderung der Hochschulzulassungen welche ebenfalls im TUD – Gesetz angelegt sind. Über gezielte Auswahlverfahren wird nur solchen Studierenden der Zugang zur Hochschule gewährt, die dem eigenen Profil entsprechen, wodurch Selektion noch nicht mal mehr nur nach Leistungskriterien sondern auch nach Gesinnung erfolgt.

Im Umkehrschluss hat das natürlich auch Folgen für das Verhalten/Forschung und habituelle Auftreten der Lehrenden und Studierenden, denn Auswahl an Studierenden haben Hochschulen zu genüge. Hochschule wird damit zum Ort staats- und kapitalkonformer Studierender als selbsternannte Elite. Nicht der Studierende wählt also als KundIn zwischen verschiedenen Ausbildungsbetrieben und Leistungsanbietern, sondern hat lediglich die Wahl zwischen dem unterschiedlichen Angebot der verpflichtend zu erlernenden Anpassungsleistungen. Damit sind die Studierenden zugleich als verwertbare Produkte einer Hochschule definiert, weil die im Studium erworbenen Kompetenzen, sowohl von der Hochschule, als auch von den Studierenden vermarktet werden. Das Dienstleistungsunternehmen Hochschule verlangt (bald) Studiengebühren und die Studierenden müssen sich selbst vermarkten.

Der auf den Hochschulen lastende Druck zahlungskräftige KundInnen (Studierende) zu gewinnen und gleichzeitig soviel Drittmittel wie möglich anzuwerben, verwandelt die Hochschulen zunehmend in deregulierte Wirtschaftsbetriebe, die auch die ProfessorInnenschaft verstärkt zu BekennerInnen der jeweils vertretenen Kapitalinteressen macht. Während die Studierenden als KonsumentInnen jener Dienstleistungen ihr Studium nahezu ausschließlich auf beruflichen Erfolg ausrichten sind als Folge dessen, politisches Engagement und ehrenamtliche Tätigkeiten immer weniger zu beobachten.

Fazit für die Zukunft der hessischen Hochschullandschaft/-politik
Die LAK Hessen verwehrt sich dagegen von einer „Autonomie“ der Hochschulen zu sprechen Vielmehr bedeutet die vierte Novelle des HHG verstärkte Hierarchisierung, Privatisierung und KonsumentInnenmentalität. Unter dem Verständnis unabhängiger Hochschulen, sei es nun vom Staat oder besonders auch von Kapitalinteressen, teilt die LAK nicht die Ansichten der Landesregierung und vieler Hochschulleitungen. Wesentlich überzeugender ist die Vorstellung einer demokratischer Hochschule, wie der AK Bildungsperspektive sie formuliert hat (siehe „Manifest einer demokratischen Hochschule“, im Anhang).

Demokratie im Verständnis der hessischen Landesregierung beschränkt sich offensichtlich auf monatelange Beratungen mit Hochschulpräsidien und WirtschaftsverbandsvertreterInnen um konkrete Umstrukturierungsmaßnahmen und Gesetzesvorhaben zu erarbeiten. Eine Einbindung von Hochschulangehörigen, insbesondere Studierenden ist nicht erwünscht. Ansprechpersonen für die Landesregierung scheinen einseitig die IHK, Wirtschaftsverbände und -initiativen zu sein. Von (garantierter!) Selbstverwaltung der Hochschulen durch Senate und Fachbereichsräte kann durch den Kompetenzzuwachs des Hochschulrats (entscheidende Vetorechte wie bei den Entwicklungsvereinbarungen) nicht die Rede sein.

Eine Täuschung, wie die des Präsidiums der JWG-Uni Frankfurt die Entscheidungsmacht über die Stiftungsuni einem, leider auch aufgrund der professoralen Mehrheit gefügigen, Senat zu überlassen, zeigen pseudo – demokratische Strukturen auf. Eine Entscheidung von Steinberg, HMWK und interessierten „Sponsoren“ war schon getroffen, bevor die Hochschulen davon erfuhren. Die Erwähnung des unternehmensfreundlichen „Wissensatlas FrankfurtRheinmain“ (Jhrg. 2006,), dass die JWG-Uni „als Stiftungsuniversität gegründet“ wurde, sowie der „Versprecher“ des ehemaligen Staatssekretärs Leonhardts zeigen deutlich die Herrschaftsstrukturen auf. Hier von einer BürgerInnenuniversität im demokratischen Sinne zu sprechen ist Blasphemie!

Nach vier Jahren absoluter Mehrheit im Landtag wird immer deutlicher, dass die CDU mit der vierten Novelle des HHG den Weg (endgültig) ebnen will, um die Interessen des Kapitals vor jede demokratische und gesamtgesellschaftliche Bildungspolitik zu setzen.

Stellungnahme von Prof. Dr. Michael Hartmann, Technische Universität Darmstadt
Da es aufgrund eigener Erfahrungen mit derartigen Anhörungen m. E. wenig Sinn macht, die grundsätzlichen Probleme und Gefahren, die mit einem weiteren Rückzug des Staates aus dem Hochschulbereich verbunden sind, bei jeder neuen Änderung eines Hochschulgesetzes hierzulande als Experte noch einmal zu wiederholen – es sei hier als Beispiel nur auf den Abbau demokratischer Entscheidungs- und Mitbestimmungsrechte durch die Konzentration der Entscheidungsbefugnisse beim Hochschulrat und Präsidium verwiesen oder auf die wissenschaftliche Erkenntnislogiken missachtende Konzentration auf Teildisziplinen, die eine möglichst direkte Verwertbarkeit der Forschungsresultate versprechen –, wird im Folgenden nur auf die Punkte eingegangen, die mir im Gesetzentwurf selbst aus Sicht prinzipieller Befürworter zumindest als erklärungsbedürftig erscheinen, sollten diese ihre eigenen öffentlichen Aussagen ernst nehmen.

1. Der Gesetzentwurf der Landesregierung basiert in seiner Begründung ganz wesentlich auf einer Behauptung, die nicht belegt wird. Im Gesetzentwurf wird sowohl im Abschnitt „A. Problem“ als auch unter „Allgemeines“ als wesentliche Begründung für den Entwurf auf das positive Beispiel der TU Darmstadt verwiesen. Unter A heißt es: „Mit dem TUD-Gesetz sind 2004 für die TUD Spielräume geschaffen worden, die ihr eine hervorragende Positionierung im Wettbewerb ermöglicht haben“ (S. 1). Unter Allgemeines fällt die Aussage ähnlich aus. „Bereits nach der etwa zweijährigen Erprobung lässt sich feststellen, dass das Modell die Technische Universität Darmstadt in die Lage versetzt hat, sehr gut auf die Anforderungen des Wettbewerbs zu reagieren“ (S. 16).

Worin der Zusammenhang zwischen dem TUD-Gesetz und der „hervorragenden Positionierung im Wettbewerb“ bestehen soll, wird aber ebenso wenig erläutert wie die Feststellung selbst. Das aber wäre dringend notwendig, weil die von der Landesregierung getroffene Beurteilung angesichts der Ergebnisse der Exzellenzinitiative zumindest erklärungsbedürftig erscheint. Da die Landesregierung (im Unterschied etwa zum Verfasser) den Anspruch der Exzellenzinitiative teilt, dass diese Initiative die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen deutschen Universitäten zu messen in der Lage ist, müsste sich für sie auf jeden Fall eine Frage stellen. Warum hat die TU Darmstadt trotz des TUD-Gesetzes auf Ebene des Landes Hessen bislang deutlich schlechter abgeschnitten als die noch traditionell staatlich organisierten Universitäten Frankfurt und Gießen? Während letztere in der ersten Runde des Wettbewerbs mit jeweils einem Exzellenzcluster und Gießen zudem auch noch mit einer Graduiertenschule erfolgreich waren, ist die TU Darmstadt leer ausgegangen. Das kann sich in der zweiten Runde zwar noch ändern, weil sich die TU Darmstadt noch mit drei Graduiertenschulen und einem Exzellenzcluster in der Endrunde befindet, aus Gießen dagegen kein weiterer Antrag und aus Frankfurt auch nur ein Clusterantrag die erste Auswahlentscheidung überstanden hat, aber selbst ein Erfolg aller sich noch im Wettbewerb befindenden Anträge, mit dem realistischerweise nicht zu rechnen ist, wäre kein Beleg für eine erkennbare Überlegenheit des TUModells gegenüber den Strukturen der klassischen staatlichen Universitäten.

Der als zentrale Begründung für den Gesetzentwurf behauptete Zusammenhang zwischen dem TUD-Gesetz und der „hervorragenden Positionierung“ der TUD im Wettbewerb müsste also zumindest näher ausgeführt werden. Eine wissenschaftliche Auswertung der Folgen des TUDGesetzes für die Leistungsfähigkeit der TUD liegt bislang jedoch nicht vor. Ohne eine solche Auswertung bleibt gerade angesichts der bisherigen Resultate der Exzellenzinitiative aber ein deutliches Fragezeichen hinter der Aussage der Landesregierung, das TUD-Gesetz habe die Konkurrenzfähigkeit der TU Darmstadt im internationalen Wettbewerb unter den Hochschulen entscheidend verbessert und sei daher als Modell auch für andere hessische Universitäten geeignet.

2. Die vom Gesetzentwurf geforderte „breite Zustimmung“ zur Umstellung auf das Modell der Stiftungsuniversität ist in Frankfurt, vorsichtig formuliert, zumindest fraglich. Der Gesetzentwurf fordert in seinen Erläuterungen zu Artikel 1, Nr. 2 wegen „der außerordentlichen Tragweite der Entscheidung … eine breite Zustimmung von Hochschulrat und Senat“ (S. 18). Diese breite Zustimmung scheint mir im Falle des Senats angesichts des sehr kurzen Beratungszeitraums für die universitären Gremien und einer Abstimmung, bei der die erforderliche Zweidrittelmehrheit mit 11 von 17 Stimmen verfehlt wurde, nicht gegeben. Ein weiterer inneruniversitärer Diskussionsprozess mit einem deutlich größeren zeitlichen Spielraum wäre daher erforderlich, nimmt man die Aussage von einer „breiten Zustimmung“ seitens der Landesregierung wirklich ernst.

3. Die Erwartungen des Präsidiums der Universität Frankfurt, dass die Umwandlung der Universität in eine Stiftungsuniversität zu einem Zufluss erheblicher zusätzlicher Mittel seitens externer Stifter führen werde, erscheinen weit übertrieben. Vom Präsidium der Universität Frankfurt wird als Begründung für die Umwandlung in eine Stiftungsuniversität betont, „die Generierung privater Mittel [ließe] sich in einer Stiftungsuniversität hervorragend verfolgen“ (Diskussionspapier vom 8. November 2006. S. 18). Ein Blick auf die in dieser Hinsicht besonders erfolgreichen US-Universitäten sollte diesbezüglich zur Vorsicht mahnen. Die staatliche Universität in den USA, die das größte Stiftungsvermögen angehäuft hat, ist Berkeley, das vom Präsidenten der Universität Frankfurt öffentlich ja auch immer wieder als Vorbild angeführt wird. Mit insgesamt ca. 2,5 Mrd. Dollar liegt Berkeley zwar weit hinter den privaten Universitäten wie Harvard, Yale oder Stanford, die es auf eine fünf- bis zehnfach so hohe Summe bringen, aber genauso deutlich vor fast allen anderen staatlichen Universitäten. Doch selbst Berkeley bestreitet nicht mehr als gut vier Prozent seines Haushalts aus den Erträgen des Stiftungsvermögens. Angesichts eines seit langen Jahren aufgebauten Vermögens in für deutsche Verhältnisse mehr als beträchtlicher Höhe und einer grundsätzlich anderen Stiftungskultur in den USA dürfte der Anteil des Universitätshaushalts, der durch die Erlöse eines aus privaten Spenden resultierenden Stiftungsvermögens abgedeckt werden kann, in Frankfurt sehr weit unterhalb dieses Werts liegen. Von einem nennenswerten Zuwachs an Mitteln ist, zumindest für einen absehbaren Zeitraum, daher nicht auszugehen.

Darmstadt, den 16.05.2007


Auszug aus der Stellungnahme des Personalrats der Philipps-Universität Marburg

Der Autonomiegedanke
Im Änderungsgesetz zum HHG begegnen wir auch unvermittelt einem Grundproblem zwischenmenschlicher Kommunikation:

Wenn zwei dasselbe (Wort) sagen, ist noch lange nicht garantiert, dass sie auch dasselbe meinen (Bedeutung, Inhalt).

Wenn also im § 1 Abs. 3 durch die Übernahme des TUD-Gesetzes die Erlangung der „AUTONOMIE“ in Aussicht gestellt wird, dann bedarf dieses Vorhaben einer genaueren Betrachtung. Die Hochschulen des Landes werden durch dieses Gesetz nicht etwa in die Lage versetzt, die eigene Zukunft in die Hand zu nehmen - mit allen Konsequenzen -, vielmehr werden Kompetenzen vom HMWK auf den jeweiligen Präsidenten übertragen. Die Selbstverwaltungsorgane der Universität werden in der Absicht einer „Effizienzsteigerung“ durch schlanke Leitungen weiter geschwächt, und die Hochschulräte sind kaum in der Lage, die Machtfülle des Präsidenten/der Präsidentin zu kontrollieren, da die Mitglieder der Hochschulräte von den Präsidenten selbst ausgesucht sind und nicht etwa von dem Selbstverwaltungsorgan der Universitäten (den Senaten). Bezüglich der Entscheidungsgrundlagen sind sie praktisch ausschließlich auf die Dokumente angewiesen, die ihnen das Präsidium zur Verfügung stellt. Hinzu kommt die seltene Tagungsfrequenz des Organs Hochschulrat, dessen Mitglieder sich schon von daher kaum den Überblick verschaffen können, der für eine Kontrolle nötig wäre.