Arena Babylon #7

Staunen & Wundern 4.01_ Der Kosmos des Jörg Ritter
Rund gehts dieses Jahr in unserer wunderbaren HfGO-Sendung!
Auf dem kaum zu toppenden Sendeplatz an jedem zweiten Mittwoch im Monat um 19:45 Uhr (Wiederholung 0:45 Uhr respektive in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag um 1:45 Uhr) zeigt diesmal Herr Jörg Ritter eigene Filme und Videoclips der letzten zwei Jahre.
Die Videos sind lose durch eine reportageartige Moderation verknüpft, die versucht, einen wie auch immer gearteten Bogen vom modularen Charakter der Filmbeiträge zum selbigen der Stadt Offenbach am Main zu schlagen. Erstaunliches, Unfundiertes und schlichtweg Daherbehauptetes geht einher mit "losen Sprüchen" und ernst gemeinten Warnhinweisen: *Behandelt eure Wolkenkratzer umsichtig! *Besucht die angesagtesten Klubbs in OF/M (Roxi, Rotari, Strandbus)! *Engagiert euch für die Erhaltung der "Offenbacher Rampen"! *Werdet Zeugen einer Gesangskostprobe des "Backstreet-Girls"!
Tortelino und Gonzo (ein leckeres, sprechendes Kameragericht und ein Tonmuppet) zeichneten Herrn Ritters Improvisationsmoderationseskapaden auf, die dann vom Künstler selbst zu einer einstündigen Lektion über das Staunen & Wundern verarbeitet wurden.
1. "Fake Fact File 3", eine Trilogie bestehend aus
- Jaques et Cornel (Coregie/Codarsteller/Cokameramann: Raul C.O. Kauke),
ein Existentialistendrama in Offenbach, Paris, inklusive französischen Untertiteln.
- DJ Stress
eine halbdokumentarische Raverei in der Tiefgarage des ROTARI mit dem beliebten DJ gleichen Namens. ("DJ Stress" – nicht "DJ Rotari"!)
- Triangelsquare
ein Videoclip mit RobertJohnson-erprobten Sequenzen
2. The techitechi scapycapy popo show
eine abstrakte Sitcom aus dem Jahr 2020, produziert von denjenigen, die in den Spätneunzigern das Vergnügen hatten, die Teletubbies im zarten Alter von 3 Jahren ins Gehirn gebeamt zu bekommen.
3. Wavefalls // Wellenfälle
eine kurze animierte Einführung in die eigenartigen Welten der jetzt zerstörten Licht-Ton-und Datenwellenfälle. Eine interaktive CD, die Diplomarbeit des Herren Ritter, liegt dieser Arbeit zugrunde.
4. Little Alexandra
Computeranimationspostproductionsgeschnetzeltes, belegte beim NINTENDO-Videowettbewerb "Wahn und Wirklichkeit“ einen anständigen 3. Platz, frei von werbewirksamen Logos oder Messages. Wir tauchen in die verstörende Psyche eines eigenartigen Mädchens ein. Und wer will das nicht ab und zu?
5. Giddy Kipper
ein animationslastiger Videoclip, der endlich die Frage nach dem Seelenleben der Maschine mit dem "Ping" erforscht.
6. FYM und Diane Live @ Hotel Reiss / Kassel
Nomen est Omen, aber auch dieser Dokumentar-Videoclipmix wurde durch gewisse Postproduktionereien veredelt. Das dynamische Offenbacher Elektrotechnoweissderhenkerwas - Duo auf Tour.
7. Focused Optimized Toolset
Auszug aus einer Medieninstallation (Konzept: Amin Weber / Jörg Ritter), die aus jeweils sechs Videoloops bestand, deren Inhalte monatlich von einem Computer per Buzzword-Generator neu generiert und uns zur Ausführung anvertraut wurden. Die mit neuer Musik von Herrn Ritter versehene Sequenz ist Loop Nr. 3 der Installation.
Die Sendung wird am Mittwoch um 19:45 Uhr in der Aula übertragen. Kommt und bringt Flüssiges!
Standesgemäß unglücklich am Mainufer
„Arena Babylon“ – Filme der Offenbacher Hochschule für Gestaltung im Offenen Kanal
Mit Hilfe des "Offenen Kanals Offenbach/Frankfurt" hat sich seit dem vorigen Sommer ein Format seinen festen Sendeplatz in dem für jeden frei zugänglichen Medium erobert, das zu verfolgen sich lohnt. Denn Rotraut Pape, Professorin für Film und Video, hat ihren Studenten an der Hochschule für Gestaltung (HfG) mit der einmal im Monat produzierten Sendung "Arena Babylon" ein Forum erschlossen, das es ihnen ermöglicht, mit ihren Arbeiten außerhalb des Hochschulkontextes "in einen Dialog mit einem größeren Publikum zu treten".
Angesichts der bisherigen sechs Sendungen erscheint es beinahe wie ein Wunder, daß an der HfG vorher niemand auf die Idee gekommen ist, dieses Medium zu nutzen. Ein Experimentierfeld für die jungen Künstler will die "Arena" sein, in der Ausprobieren ausdrücklich erlaubt ist, Kurzspielfilme und Dokumentationen ebenso ihren Platz haben wie Animationen, Experimentalfilme oder Videoclips. In sechs jeweils am zweiten Mittwoch im Monat ausgestrahlten Sendungen zeigten die Studenten bisher meist aktuelle Arbeiten, die es gelegentlich auf ein Festival schaffen, meist aber von einem größeren Publikum kaum wahrgenommen werden. Im über Kabel auf Kanal 4 zu empfangenden Offenen Kanal können dagegen etwa 320 000 Haushalte sich ein Bild von den Arbeiten der HfG-Schüler machen.
"Das gucken sich Leute an, und wenn es nur zwei sind." Vermutlich aber sind es doch ein paar mehr, und bei den Stammzuschauern könnte "Arena Babylon" durchaus Kultstatus genießen. Künftig wird jede "Arena" von einem Studenten oder Absolventen eigenverantwortlich konzipiert. Jörg Ritter, der nach Abschluß seines Studiums bei Bernd Kracke gerade einen Lehrauftrag für "Digital Storytelling" an der HfG hat, macht heute den Anfang mit einer Auswahl von zehn seiner in den vergangenen drei Jahren entstandenen Arbeiten. Daß er die Möglichkeit, "etwas zu wagen", wie Pape sagt, nutzen wird, darf man von jemandem, der seine Arbeitsweise "als eine ausgesprochen chaotische" beschreibt, durchaus erwarten.
Freie, spontan entstandene Moderationen leiten über von Kurzspiel- zu Experimentalfilmen und Musikvideos und geben der Sendung damit eine Form. Denn der 1967 in Hanau geborene Künstler läßt sich nicht auf ein Genre festlegen. Die Kontinuität, die man gleichwohl in seiner Arbeit ausmachen kann und die man in den Moderationen gespiegelt glaubt, ist die Verwendung von Modulen. Gleich, ob er als DJ arbeitet, mit computeranimierten Bildern oder selbst vor - und meist auch hinter - der Kamera steht: Ritter liebt es, die Möglichkeiten des "konstruktiven Irritierens" auszuloten - je perfekter, glatter, reibungsloser die digitalen Medien erscheinen, desto mehr. Alles ist für ihn Material, ob aufgrund von Fehlleistungen des Computers eigentlich unbrauchbare, weil beschädigte Bilder oder gänzlich anderen Kontexten entstammende Bausteine, die er neu zusammensetzt: Gebrauchen kann er grundsätzlich alles.
In "the techitechi scapycapy popo show 2.1." sind es digital nachbearbeitete Explosionen eines Computerspiels, aus denen er eine abgedrehte Sitcom-Variante der "Teletubbies" im Jahr 2020 konstruiert. Dagegen erscheint der gemeinsam mit Raul C.O. Kauke entstandene und im Jahr 2001 mit dem Offenbacher Kulturpreis ausgezeichnete Film "Jacques et Cornel" geradezu konventionell. Doch wie die beiden zu den Klängen von Brels "Ne me quitte pas" als unentwegt Gitanes rauchende und standesgemäß unglücklich durchs Leben laufende französische Existentialisten mit geringstem Aufwand die Quais de la Seine ans Offenbacher Mainufer holen und voller Komik in nicht einmal zehn Minuten die ganze "Nouvelle Vague" veralbern, das allein lohnt schon den Besuch in der nächsten "Arena Babylon".
FAZ, Christoph Schütte
„Arena Babylon“ wird an jedem zweiten Mittwoch im Monat um 19.45 ausgestrahlt und um 0.45 sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 1.45 wiederholt.