Deutscher Kulturrat auf Seiten der boykottierenden Studenten
Studierenden der Hamburger Hochschule für bildende Künste droht Exmatrikulation
15.07.2007
(bikl.de) Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat Hamburgs Ersten Bürgermeister Ole von Beust und die Kultursenatorin Prof. Dr. Karin von Welck aufgefordert, sich für die Studierenden der Hochschule für bildende Künste (HfbK) einzusetzen, die von der Zwangsexmatrikulation betroffen sind.
In der vergangenen Woche hatten die Studenten auf einer Vollversammlung beschlossen, den Boykott gegen die Semestergebühren fortzusetzen. Die HfbK ist bundesweit die einzige Hochschule, an der ein Boykott der Studiengebühren zustande kam.
HfbK-Präsident Martin Köttering hatte daraufhin am vergangenen Donnerstag erklärt, fast die Hälfte der Studentenschaft wegen nichtbezahlter Semestergebühren exmatrikulieren zu müssen. Gleichzeitig nannte er dieses Vorgehen einen "gravierenden Einschnitt, dessen Folgen sowohl den künstlerischen Nachwuchs für die Metropolregion Hamburg als auch Studium und Lehre an der HfbK über Jahre maßgeblich beeinträchtigen" würden. Das Hochschulgesetz zwinge ihn aber zu diesem Schritt. Er setzte den Kunststudenten allerdings eine Gnadenfrist bis zum 30. September. Wer bis dahin die Gebühren überweise, werde ohne weitere Voraussetzungen wieder immatrikuliert.
An der Hochschule für bildende Künste Hamburg müssen zusätzlich zu den 249,- Euro Semesterbeitrag 500,- Euro Studiengebühren pro Semester entrichtet werden. Die Studiengebühren werden vom Land Hamburg festgelegt, die Hochschulen haben keinen Einfluss darauf. Auch die mögliche Exmatrikulation der Studierenden erfolgte auf Druck des Hamburger Wissenschaftssenators Jörg Dräger. Die Hochschule für bildende Künste Hamburg bietet Studiengänge in Freier Kunst, Design, Kunstpädagogik, Visueller Kommunikation/Medien und Gender Studies an.
Studierende, die ein Studium der Freien Kunst abschließen, sind typischerweise als Selbständige berufstätig, aber auch für Designer sowie im Medienbereich ist die freiberufliche Tätigkeit üblich. Die Künstlersozialkasse, in der alle freiberuflichen Künstler und Publizisten pflichtversichert seien, hat erst kürzlich die Durchschnittseinkommen der freiberuflich arbeitenden Künstler veröffentlicht. Berufsanfänger im Bereich der Bildenden Kunst - hierzu zählen in der Künstlersozialkasse auch Designer - verdienen danach im Durchschnitt 7.705 Euro im Jahr (Künstler 8.510 Euro, Künstlerinnen 7.155 Euro). Nach Ablauf der in der Künstlersozialkasse üblichen Berufsanfängerzeit von drei Jahren verdienen sie gerade mal 10.510 Euro - im Jahr. Künstler verdienen mit 12.041 Euro etwas mehr als ihre Kolleginnen mit 8.804 Euro.
"Künstler verdienen ohnehin zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel", erklärte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann. "Von einem Jahresdurchschnittseinkommen von 10.510 Euro auch noch Studiengebühren, die oftmals über einen Kredit finanziert werden müssen, zurückzahlen zu müssen, ist schier unmöglich. Hamburg ist angetreten, Kunst und Kultur eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Mit viel öffentlichem und privatem Geld wird die Elbphilharmonie gebaut. Mit großem Engagement wird die Vernetzung im Bereich der kulturellen Bildung gefördert, damit Hamburg zur Modellstadt für kulturelle Bildung wird. Aber man nimmt in Kauf, dass angehende bildende Künstler und Designer der Stadt den Rücken kehren, weil sie die Studiengebühren nicht bezahlen können. Das passt nicht zusammen. Wir fordern Hamburgs Ersten Bürgermeister und die Kultursenatorin auf, Flagge zu zeigen und sich für Kunststudenten einzusetzen."
Die Hochschulexpertin der Hamburger SPD-Fraktion, Barbara Brüning, schloss sich der Kritik des Kulturrats an und erklärte: "Da andere große Kunsthochschulen wie Düsseldorf, Berlin oder Leipzig gebührenfrei sind, werden sich die Besten jetzt dort bewerben, wo sie ohne finanzielle Belastungen studieren können."
http://bildungsklick.de/a/54380/deutscher-kulturrat-auf-seiten-der-boykottierenden-studenten/