Experimentelle Bildwelten
Experimentelle Bildwelten
50 Jahre | 50 Alumni: Prof. Markus Weisbeck
Es hat etwas Spielerisches, wie sie sich da weiß auf schwarzem Hintergrund im Bilderrahmen tummeln: die Dreiecke, Kreise und Quadrate unterschiedlicher Größe, die, aufeinandergestapelt und verzahnt in den ingesamt acht Rahmen, zur Werkreihe »Gravitationen« gehören. »Die lasercuted Kunststoffformen beschreiben Arrangements von Geometrie« erklärt Markus Weisbeck im Video-Interview. Ausgehend von visuellen Prinzipien akademisch-künstlerischer Lehre gehe es um die Entwicklung und Erforschung visueller Formen, um die Abkehr vom reinen Bild.
In der Werkreihe, die 2015 vom Museum für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt erworben wurde, manifestiert sich Weisbecks Idee von Gestaltung: komplexe Konzepte und fundiertes historisches Bewusstsein arrangiert er zu sinnlichen Kompositionen. »Ich kreiere eigene Bildwelten anstatt Slogans«, sagt Weisbeck. Das trifft auf seine Arbeiten als Bildender Künstler ebenso zu wie auf seine Tätigkeit als Grafikdesigner. Wobei eine solche Trennung in seinem Fall kaum zielführend ist, gehen doch beide Bereiche Hand in Hand. Auf die Frage, ob er Künstler oder Designer sei, antwortet er schlicht: »Ich bin Gestalter«.
Markus Weisbeck studierte von 1990 bis 1997 an der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach. Sein Diplom bestand aus einer Bildsuchmaschine mit den Namen »Logo.gif« und der Gestaltung und Programmierung einer neuen HfG-Homepage. Früh fand der Gestalter seinen Schwerpunkt im kulturellen Sektor. Mit Erscheinungsbildern für die Bereiche Zeitgenössische Kunst und Tanz, Musik, sowie für Clubs, die Weisbeck mit seinem 1997 gegründeten Designstudio Surface realisierte, machte er sich schnell einen Namen. Wer das Frankfurter Lissania oder den Omen-Nachfolger Cocoon Club noch erlebt hat, kennt Weisbecks Arbeiten. Viele der Veranstaltungsplakate stammen von ihm, ebenso wie die Release- und Labelidentität von DJ Sven Väth.
Heute ist Surface ein international bekanntes Studio, das von veranstaltungsbezogenen Kampagnen bis hin zu ganzheitlichen Kommunikationskonzepten alles abdeckt, im Print ebenso wie digital. Am Beispiel einer Kunstausstellung verdeutlicht Weisbeck, worum es ihm und seinem kleinen Team geht: Man dürfe nicht einfach das Bild eines ausgestellten Künstlers oder einer Künstlerin auf das Plakat packen, erklärt er. Vielmehr gehe es darum, eigene Bilder zu kreieren, die das Gefühl des Ausstellungsthemas transportieren und auch eigenständig funktionieren. »Im Prinzip geht es bei der Visuellen Kommunikation um die Verzahnung von Bild und Text, um die Frage: Wann wird es Bild, wann ist es Text«. Bei den Designs von Surface trifft meist Typografie auf abstrakte Kompositionen.
Sein Ansatz ist gefragt. Weisbeck hat das vorherige Design-Konzept des MMK Frankfurt verantwortet, ebenso das visuelle Erscheinungsbild des Deutschen Pavillons auf der Biennale in Venedig 2009 (für Isa Genzken sowie für Liam Gillick). Letzteres trägt durch die Verwendung eigener Fotoarbeiten ganz wesentlich seine eigene Handschrift. Aktuell arbeitet er an einem Kommunikationskonzept für die Archäologische Zone MiQua unter dem Kölner Dom, die 2023 eröffnen soll sowie an dem Sammlungskatalog für das Jüdische Museum Frankfurt.
Schon während der Diplomphase in Offenbach nahm Weisbeck Lehraufträge an. Es folgten internationale Gastprofessuren und Workshops in Deutschland, den USA und Korea, bevor er 2011 schließlich als Professor für Grafikdesign an die Bauhaus-Universität in Weimar berufen wird. 2013 wurde Weisbeck überdies als offizielles Mitglied in die AGI Alliance Graphique Internationale, einer Vereinigung weltweit renommierter und einflussreicher Grafik- und Kommunikationsdesigner_innen, aufgenommen.
Seinen spielerisch-experimentellen Zugang vermittelt er auch den Studierenden. Mit dem »Space for Visual Research« hat er in Weimar ein Labor etabliert, das sich ganz konkret der experimentellen Erforschung neuer grafischer Bildwelten und der Förderung individueller Bildsprachen verschrieben hat. Was er seinen Studierenden mit auf den Weg geben möchte? In Sol Lewitts Worten (Leitsätze über Conceptual Art): »Rationale Urteile wiederholen rationale Urteile. Irrationale Urteile führen zu neuen Erfahrungen«. In eigenen Worten: »Arbeitet an eigenen Ideen, verfolgt individuelle visuelle Wege und eiert um Himmelswillen nicht in Entwurfsphasen auf Instagram rum!«