Goodbye Rodi
Am Sonntag ist unsere Filmprofessorin Rotraut Pape nach schwerer Krankheit in Berlin gestorben. Wir sind geschockt und unfassbar traurig. Mit Rodi ist eine großartige Künstlerin, Lehrerin, ein wunderbarer Mensch von uns gegangen.
Goodbye Rodi, wir werden Dich niemals vergessen!
18.04.19
Für Rodi
Das war zu früh, Rodi!
Am 14.4.2019 haben wir nach längerer Krankheit
Rotraut Pape
geb. 10.4.1956
verloren – eine wunderbare Schwester und Tante, eine talentierte und engagierte Künstlerin und Hochschulprofessorin, vor allem aber: eine stets loyale, echte Freundin, lebendig und lebensfroh.
Wir sind sehr traurig.
In Erinnerung bleibt uns vieles: Dein Optimismus, deine Unkonventionalität, dein Durchhaltevermögen auch in schweren Zeiten, deine Großzügigkeit, deine Kreativität und Kompetenz, dein „Salon“... und natürlich deine Lockenpracht!
C'est trop tôt, Rodi!
Le 14 avril 1919, après une longue maladie, nous avons perdu
Rotraut Pape
née le 10.4.1956
Rodi fut une soeur et une tante merveilleuse, une artiste et professeure d'université talentueuse et engagée, mais avant tout: une amie fidèle, vraie, vivante et enjouée.
Nous sommes très tristes. Beaucoup de choses nous restent de toi, Rodi : ton optimisme, ton anticonformisme, ta persévérance même dans les moments difficiles, ta générosité, ta créativité et tes compétences, ton "salon" ... et bien sûr tes boucles!
That was too early, Rodi!
On 14 April, 2019, after a longer illness, we lost
Rotraut Pape
born 10 April 1956
– a wonderful sister and aunt, a talented and dedicated artist and university professor, and above all a loyal, true friend who was full of life and happiness.
We are sad beyond words.
Much remains in our memories: your optimism, your unconventionality, your perseverance even in hard times, your generosity, your creativity and expertise, your “salon” … and, of course, your outrageous curls.
Sigrid und Charli Pape mit Manfred Klingele-Pape,
Luke Bennett, Veruschka Bohn, Laura Craighead, Birgit Dencker, Klaus Dufke, Christian Graupner, Mike Hentz, Charles Kissing, und Ninon Liotet, im Namen aller Freundinnen und Freunde.
Liebe Rotraut,
Du hast hinterfragt und gefordert, aber immer die Persönlichkeit der Studierenden respektiert und deren eigenen Neigungen gefördert. Aber vor allem hast Du auch den Studierenden vorgelebt, wie viel stärker jeder Einzelne im Team ist. Mit Deinem Mut und Mitgefühl hast Du fast 20 Jahre lang Seite an Seite mit uns in den Gremien gerungen und die HfG nach Außen vertreten. Du hast dich nie versteckt und immer ausgesprochen, was gesagt werden musste.
Vermisse Dich sehr. Klaus Hesse
Klaus Hesse, Professor für Konzeptionelle Gestaltung
Als ich Rotraut Anfang der 80er Jahre zum ersten Mal mit ihrer Performacegruppe M. Raskin Stichting Ens. auf der Bühne sah, hat sie mich regelrecht geflasht. Mit ihrer Coolness und Präsenz hatte sie das Zeug zum Popstar.
Sie gehörte zu den herzlichsten und aufrechtesten Künstlerinnen, die ich kennenlernen durfte.
Sie war eine wunderbare Frau. Sie war eine sehr engagierte und stets zuverlässige Kollegin an der HfG.
Sie war eine mit beiden Beinen im Leben stehende Künstlerin.
Georg-Christof Bertsch, Honorarprofessor für Interkulturelles Design
Die Guten sind immer nur kurz auf der Party.
Gute Reise, meine liebe Rotraut.
Robert Schittko, Student im Fachbereich Kunst
Deine Mails haben immer geendet mit »xxx« oder »happy day!« und deiner Unterschrift: »r« oder »rot«. Für mich warst du Rot, von Anfang an. Die liebevolle und auch liebevoll streitbare Rot, die Frau mit der ganz eigenen Art zu kommunizieren. Ein Punk warst Du, mit deinen fliegenden Haaren, mit deiner sympathischen Unangepasstheit, ein Lebemensch, eine coole Socke.
Ich mochte Dich sehr und vermisse Dich.
Dein j
Ohne Rotraut
gäbe es die hessische Film- und Medienakademie nicht – und ich hätte vor vielen Jahren nicht von Hamburg nach Hessen gewechselt. Wenn Rotraut was wollte, blieb sie dran! In Sachen hFMA begann es mit einem »uralt-papier von 97, das ich im film-büro-computer 2003 fand« … Du warst eine rege Mitgestalterin und (Mit-)Streiterin für die Sache! Danke für deinen Einsatz, dein Engagement und deine Energie, Rotraut!
Anja Henningsmeyer – Geschäftsführerin der hFMA
Diese Plakate sagen mehr als viele Worte, wie sehr Rotraut Pape die Hochschule inspiriert hat
»uuurgg mann scheisse kack piss mist«
Ich durchforste Emails nach ihren Worten »liebe und lieber«, um zu rekonstruieren aus ihren Emails an mich, »aber text und fotos.... ????? wo?? wann? + dinge vergehn mediamystik bleibt bestehn«, finde ich an mich gerichtet. »aus gründen von gründen«, diese Redewendung hatte sie gern genutzt und ich bewahre sie mir, denn es ist nicht nur so, dass ich das letzte Diplom nach Scheinen 2010 an der HfG absolviert habe – also ohne Credit Points usw –, sondern auch so, dass ich deswegen meine ganz eigene Schein-Diplomnebenfachpräsentation als Solo in Audiovisuelle Medien bei Rotraut bekommen habe. Danach schrieb sie, »sehe ganz viel was wir zusammen gemacht haben - puh wie die zeit verfliegt, und dein diplom war 2010 - kommt mir wie gestern vor oder 20 jahren - je nach blickwinkel….«. Das ist auch nur eine Erinnerungen von vielen, eine andere ist: Ich weiss noch genau, als mein Vater mir 2001 – ich hatte gerade an der HfG begonnen – einen Zeitungsausschnitt über die neue Friedrichstiftungsprofessur hinlegte mit dem Foto von dieser mir noch unbekannten Frau. Viele Jahre später weiß ich, wie glücklich ich sein kann, von ihr gelernt haben zu dürfen, von einer Professorin, einer Mentorin, einer Künstlerin, einer Freundin. »ja poops in den wind«, finde ich da verschriftlicht. Da wünsche ich jeder und jedem, liebe und lieber, jemanden an die Hochschule, der/die dich inspiriert zu sein, wie du bist und Situationen zu kreieren, die deine sind. Denn, sie so: »bei uns gilt nicht: 4 Wochen. Wir haben nur die zeit, die wir haben.«, und auch, »aber mach es bald, man weiss ja, wie die zeit sonst an einem vorbeigallopppierrrrt. hummel hummel«,
»dein kleiner poet rot“, schreibt sie noch. Und ich: Danke an dich, Rodi!
von Jos Diegel, Alumnus der HfG
Reden zu Rodis Beerdigung
Rede zur Trauerfeier von Rodi
Sigrid Pape
Liebe Freunde und Freundinnen und Bekannte – ich möchte euch ein wenig von Rotrauts früheren Jahren berichten:
Wie die meisten von Euch wissen, bin ich Rotrauts zwei Jahre ältere Schwester. Wir sind gemeinsam mit unseren Eltern in Westberlin aufgewachsen. In den ersten acht Lebensjahren von Rotraut wohnten wir zu viert in einer relativ kleinen 2 ½ Zimmer-Wohnung in Lankwitz. Ein Jahr nach dem Mauerbau – da war Rodi gerade 6 Jahre alt geworden – durften unsere Großeltern aus Ostberlin in den Westen ausreisen. Da haben wir dann für ein Jahr zu sechst in der kleinen Wohnung gelebt; die Oma schlief bei Nachbarn. Unsere Eltern hatten in erster Generation studiert: Unser Vater war Gymnasiallehrer für Deutsch und Politik, unsere Mutter später Professorin für Landeskunde an der TU Berlin. Beide waren mit Leib und Seele Geographen. Das äußerte sich u.a. darin, dass sie spannende Reisen und ausgedehnte Wanderungen mit uns unternahmen. Ihr Wahlspruch war: „Ein Geograph geht nie denselben Weg zurück!“. Das hat uns manches Mal über Stacheldrahtzäune und durch unwegsames Gelände geführt, aber auch viele interessante Erlebnisse beschert.
Unsere Mutter hat vom Zeitpunkt unserer Geburt bis ungefähr zum Schulalter je ein Tagebuch über Rotraut und mich geführt. Das von Rodi halte ich hier in der Hand und möchte ein paar kleine Einträge daraus vorlesen – Einträge, die belegen, dass sich einige besondere Eigenschaften meiner Schwester schon früh im Leben gezeigt haben:
- So ziemlich am Anfang schreibt unsere Mutter: Rotraut ist ein ungemein braves Kind, man hört sie kaum. Sie isst ihren Mohrrüben- und Obstbrei ohne zu meckern, schläft nachts immer durch und schreit sehr sehr selten. Na ja. – Dass sich Bravheit im weiteren Verlauf nicht als ihre hervorstechendste Eigenschaft erweisen sollte, konnte unsere Mutter damals noch nicht ahnen…
- Schon in der frühen Kindheit fiel unserer Mutter auf, dass Rotraut – im Gegensatz zu mir übrigens – eine ausgesprochen scharfe visuelle Wahrnehmung hat. Mit 1 ½ Jahren – sie konnte kaum sprechen – wies Klein-Rodi mit dem Wort „Deitch“ darauf hin, dass unser Opa einen grauen statt eines schwarzen Mantels anhatte. Ein anderes „Kleidchen“ sozusagen. Einige Zeit später – Rodi konnte schon ein paar Worte mehr sagen – hörte unsere Mutter, wie Rodi denselben Opa an der Tür mit den Worten begrüßte: „Opi feine neue Ssuhe an!“ – Schwarze Schuhe, die ein wenig neuer aussahen als die alten, was niemandem sonst aufgefallen wäre! – Diese scharfe Wahrnehmung hat sich sicher später in ihrer Berufswahl als Künstlerin niedergeschlagen.
- Im Tagebuch findet sich mit knapp 4 Jahren die Bemerkung: Rotraut ist von unbeschreiblichem Charme, dem einfach jeder erliegen muss. Auch ist mehrmals davon die Rede, wie großherzig und mitfühlend Rotraut schon als Kind war und dass immer viele Kinder mit ihr befreundet sein wollten. Freigebig teilte sie ihre Süßigkeiten mit mir und mit anderen Kindern, weinte mit, wenn es anderen schlecht ging. Ihre Freunde werden bestätigen, dass sich diese Eigenschaften auch später im Leben immer wieder zeigten.
- Andererseits hatte sie auch keine Probleme, sich bei Bedarf durchzusetzen bzw. einem Streit nicht aus dem Wege zu gehen. Als sie im Alter von 4 Jahren auf einem Spaziergang mit unserer Mutter auf einem Spielplatz ein Klettergerüst ansteuerte, auf dem schon ein etwa gleichaltriger Junge saß, hörte unsere Mutter, wie dieser Junge plötzlich nach seiner Mama rief. Was war passiert? Der Junge hatte Rodi mit den Worten: „Geh hier weg, oder du wirst verdrescht!“ begrüßt. Sie hatte daraufhin erwidert: „Ich bin ja viel stärker als du und verdresche dich!“ – Da rief er nach seiner Mama … Oder ein paar Wochen später, als die großen Jungs uns von einem Spielplatz vertreiben wollten: „Papa, gib mir die Peitsche! Ich will die Jungs hauen!“
- Im Tagebuch sind dann auch eine ganze Reihe von Vorfällen aufgezeichnet, in der Sprache unserer Mutter „Bösigkeiten“ genannt, bei denen sich Rotraut als nicht ganz so brav und angepasst erwies, wie ursprünglich angenommen. Das gab dann öfter mal Ärger mit den Eltern.
Einen richtig großen Eklat mit vielen Tränen gab es, als Rodi im Alter von 15/16 Jahren jede Woche abends heimlich statt zum Schreibmaschinenkurs in die Tempelhofer Disko „Cartoon“ ging, wo unsere Mutter dann unverhofft auftauchte und sie zur Rede stellte …
Ich war zu dieser Zeit gerade in meinem Schüleraustauschjahr in den USA. Rodi hat dann zwei Jahre später auch ein Austauschjahr in den USA verbracht. Mit ihrer amerikanischen Gastschwester Laura verband sie bis zum Schluss eine innige Freundschaft. Laura hat Rodi noch im Oktober für ein Wochenende besucht, und es gab Pläne, sich im Sommer in Italien zu treffen. Während ich als ältere Schwester immer eher die direkte Konfrontation mit meinen Eltern gesucht habe, war Rodis Strategie eher, still und unauffällig ihr eigenes Ding zu machen… So dauerte es eine ganze Weile, bis unsere Eltern mitkriegten, dass Rotraut – nach einem Intermezzo in einer „Landkommune“ in der Nähe von Kiel – in Hamburg nicht mehr Kunstpädagogik (mit dem Ziel: Lehramt) studierte, was unsere Eltern gern gesehen hätten, sondern zu Freier Kunst gewechselt hatte.
Das hat wohl unseren Eltern, die beide schwere Kriegszeiten mit Hunger und Entbehrungen hinter sich hatten, manch schlaflose Nacht bereitet. Schade, dass sie nicht mehr mitbekommen haben, dass ihr Sorgenkind sich als Hochschullehrerin und Künstlerin auf verschiedenen Gebieten so gut im Leben behauptet hat. Wenn wir auch durchaus im Leben verschiedene Wege gegangen sind – ich habe Psychologie studiert und bin Psychotherapeutin geworden – so haben wir uns doch immer respektiert, auf einander verlassen, uns gegenseitig unterstützt und sehr lieb gehabt. Kurz nachdem meine Tochter geboren war, haben wir eine Zeitlang – Rodi, Couty, Charli und ich – in Hamburg zusammen gewohnt. Für Charli war sie so etwas wie eine zweite Mama.
Jetzt müssen wir ohne sie auskommen und sagen: »Danke für alles, Rodi. Das hast Du alles gut gemacht, aber das mit dem Sterben war einfach zu früh!«
Oliver Hirschbiegel
Rodi lacht sich wahrscheinlich jetzt schon eins darüber dass wir hier alle sitzen und traurig Abschied feiern. Das anzunehmen hilft.
Rodi war anders. Anders als alle anderen. Männer wie Frauen. Das spielte im Vergleich bei ihr keine Rolle.
Und sie war anders, bis zuletzt
Ebenso wie damals vor 41 Jahren als wir uns in der Mensa der HFBK zum ersten Mal begegnet sind. Ein wildes Teil. Noch wildere Strubbelhaare und ein Outfit, das man nicht zuordnen konnte. Speziell aber nicht aufdringlich. Keine Spur von Eitelkeit darin. Irgendwie aus der Zeit gefallen. Nicht nur die Kleider, auch sie selbst. Burschikos, sexy - respekteinflössend aber dabei quietschvergnügt.
Die späten 70er- und frühen 80er-Jahre waren ein Labor des unbekümmerten Neustarts - der Dekonstruktion von allem. In der Mensa saßen damals die üblichen Verdächtigen jeder Kunsthochschule: Getriebene, Spinner, Träumer, Wahnsinnige, Alkoholiker, Egomanen, Philosophen. Und die Hamburger Schule – das war hart geführter Diskurs aber immer in der Sache, nie persönlich. Meistens.
Rodi sprach hier nur, wenn es auch wirklich was für sie zu sagen gab. Blitzschnell im Denken hatte sie keine wirkliche Theorie, sie war die Theorie – und machte im Gegensatz zu den meisten von uns einfach konsequent ihr Ding. Der Ansatz der Stunde war Eklektizismus aber sie operierte autark - aus ihrem eigenen mysteriösen Rodi-Kosmos heraus.
In ihrer Verspieltheit blieb sie streng und war extrem diszipliniert. Sie drehte Filme die frappierend stimmig waren, monolithisch für sich selbst standen und praktisch unangreifbar waren.
Rodi hatte eine MITTE wo wir anderen zögerten oder zweifelten. Sie war klar und wahr, absolut unsentimental, dies aber im Wesen eines wunderschönen Herzens. Sie schien immer unbeirrt die Gestalterin ihrer eigenen Biographie zu sein.
Tough as a rock.
In der Erinnerung war sie die erste, die vorgelebt hat, was weibliche Emanzipation ohne Schnörkel und Überbau bedeuten konnte. Und sie war totaler Macho - wie alle echt guten Frauen. In der Seele subversiv kannte sie keine Furcht, hatte Angst vor gar nichts - schon gar nicht vor Albernheit der unschlagbaren Waffe aller wahren Anarchisten.
Sie war nicht Suchende oder Forscherin, sie war Entdeckerin – und konnte Vodka saufen wie ein Kerl.
Rodi ließ sich nur schwer beeindrucken, sie war unbestechlich und absolut immun gegen jede Form von Schmeichelei. Es kam einer Auszeichnung gleich ihr Freund sein zu dürfen.
Und wir wurden Freunde, eigentlich aus dem Stand, erkannten uns als seelenverwandt, waren Verschworene, Geschwister und Waffenbrüder. Sie selbstverständlich, ich heimlich immer etwas erstaunt über dieses Privileg.
So nah wir uns auch waren, blieb sie doch immer auch ein Rätsel.
Sie war anders.
Seltsam rausgehoben aus normalen Zusammenhängen. Schwer vorzustellen, dass sie oder ihr Mini-Me, Rotron, je klein waren, gehen gelernt oder mit roten Wangen ihre erste Liebe erlebt hatten.
Und immer diese HAARE. Pausenlos drehte und zwirbelte sie an denen herum. Sie konnte sie mit einer flinken Bewegung in jede beliebige Form oder Richtung treiben – mal nach rechts oben dann nach links unten oder horizontal nach hinten weg usw.
Diese Metamorphosen vollzogen sich mehrfach über den Tag verteilt und jede dieser Veränderungen waren immer auch ein bisschen wie die Verheißung von etwas Neuem, der Möglichkeit einer überraschenden Wendung, einer Party ...?
Rodi war ABENTEUER und stets zu allem bereit.
In ihrer Nähe fühlte man sich immer sofort ein bisschen mutiger.
Wir sind kaum 20 und zeigen unsere Filme im Collective Cinema.
Wir entdecken New York.
Rodi ist die erste und einzige die mir eine krachende Ohrfeige verpasst. Ich weiss nicht mehr warum, bin aber sicher, ich hatte sie verdient.
Wir stehen in dieser Subway-Unterführung irgendwo in Manhatten, schauen uns verblüfft an und brechen in schallendes Gelächter aus.
Wir jagen in einer Ambulanz mit Sirene und Blauchlicht über den Freeway, hören Clash und schreien uns die Seele aus dem Leib.
Gemeinsame Verhaftung und erkennungsdienstliche Behandlung am Flughafen Brüssel.
Fahren durch meterhohe Flammenwände der brennenden Wälder Südfrankreichs Streifen durch die Slums von Liverpool.
Wir entkommen einer Messerstecherei in Heyer.
Wir schleichen durch militärisches Sperrgebiet und erkunden die alten Bunker der Maginot-Linie
Usw.
Alles Dinge die ohne Rodi nie passiert wären.
Raskin:
Das war ursprünglich nur eine Behauptung, eine Simulation basierend auf zirkulierten Manifesten mit pseudo dokumentierten Action-Performances die so nie stattgefunden hatten, dann aber plötzlich zur Einladung auf ein Performance Festival führte und damit über Nacht Realität wurde. Fast erschrocken begannen wir mit der Arbeit.
Eschie, Kai und Andy die Phantasten, Erfinder und Träumer, ich Stratege und Theoretiker aber Rodi - unersckrockene Kriegerin volldampf vorraus immer Herrin über das System im Wahnsinn wie eben auch in ihrer eigenen Arbeit.
Infermental:
Die Hand darauf die Deutsche Ausgabe als Herausgeber zu übernehmen gab damals ich Gabor Body aber es war keine Frage das dies nur gelingen konnte in paritätischer Zusammenarbeit mit Rodi. Sie stürzte sich lustvoll wütend in die Arbeit und wurde rasch zur eigentlichen Speerspitze dieses Projekts.
Mit Rodi zu sein, zu reisen oder eben zu arbeiten das war wie simultaner Blindflug ohne Zuruf oder Erklärung wie ich es später bis auf einige wenige punktuelle Momente mit Schauspielern nie wieder erlebt habe.
So war das damals. So war sie damals und so war sie eigentlich bis zum Schluss. Im Umgang mit ihrer Krebstherapie, den verschiedenen Technolgien und Symptomen die sie sofort wieder zum Abenteuer machte und Teil von ernsthafter Arbeit werden ließ.
So wie immer schon war die Grenze zwischen Leben und Arbeit bei ihr nicht existent…
Als Kamikaze
Als Einzelkämpfer
Treue Freundin
Ungestüme schöne Blume
Resolut
Stand sie immer für sich selbst – war ihr eigener Stern.
Manchmal selbstvergessen,
immer wahrhaftig FREI und selbstbestimmt.
Und niemand konnte so von Herzen amüsiert über sich selbst lachen wie Du – Rodi, älteste Freundin, coole Socke – wo immer Du jetzt bist, Du wirst Couty dort gefunden haben.
Tanzt den Mussolini!!
Wir machen das nachher auch…
111 REDE FÜR RODI
Veruschka Bohn
Hey Rodi!
als ehemalige Studentin, Nachbarin und Freundin will ich mich heute im Namen von Vielen für das Geschenk zu bedanken, das du uns hinterlässt. Auch wenn es gar nicht so leicht ist, das auszupacken. So ein komplexes, eigenwilliges, wildes und bis zum letzten Atemzug lebensbejahendes Menschenwesen wie dich gehen zu lassen, ist ein harter Brocken.
Rodi,
kurz nach Beginn deiner Chemotherapie schicktest du diese Nachricht an die Nachbarschaft:
»außer weichen Knien auf steiler werdenden Treppen & Geschmacksverstimmung alles voll OK! Mächtig Trubel aufm Dach.
Open Doors!'«
Rodi, danke für deine offenen Türen.
Du hast es uns möglich gemacht, dir am Ende deiner abenteuerlichen Reise durchs Leben, nochmal richtig nah zu sein, gemeinsam mit dir und deinen Liebsten den Moment zu genießen, der Traurigkeit zu trotzen, trotzdem traurig zu sein.
Die Demut zuzulassen, die intime Dankbarkeit für alles, was ist – hier und jetzt. Das sind Momente voller Gold – und nicht dieses schwere Gold, was einem die Tasche über die Jahre ausbeult, das sind Geschenke voll strahlender Leichtigkeit. Danke.
Dem alltäglichen Irrsinn hast du mit unermüdliche Freude und strategischem Talent getrotzt und hast unbeirrt von einschüchternden Diagnosen weiterhin liebend und lachend das Leben genossen. Deine letzte Reise hast du auf eine Art gemeistert, die uns alle ermutigt, das, was ist, zuzulassen, füreinander da zu sein und somit auch die Begegnungen mit dir in die Zukunft wirken zu lassen.
Es ist schwer, Worte zu finden, für das, was du uns hier vermachst. Aber als Professorin für Film hast du deine Studis ganz gut auf schwierige Situationen vorbereitet. Die folgenden Worte stammen von ihnen, sind aus der Feder von vielen, ein kleiner, wilder Abschiedsgruß von deinen Studierenden und Kollegen:
Die Rodi,
das war:
Mitmachen – Jetzt oder Nie – Leben ist Kurz.'
öuuurg, mann. scheiße kack PISS MIST
UNS FEHLEN DIE WORTE (mir auch)
aber egal
wie aussichtslos die Situation war Rodi hat‘s immer geschafft!
Und jetzt ist der Tag, der nach der Geburt und dem Übergang nur einmal kommt. Hab einen schönen Tag liebe Rote, Lass dich ehren.
---
Rotraut – eine Perle der Kunst, von der man Vieles lernen kann
auf coole Weise warmherzig,
verspielt und professionell zugleich,
eine zweite Mutti – mit ihren schonungslosen Fragen ein bisschen zu oft ins Schwarze treffende – Autsch
Avantgardistin und ein Punk
---
**Prost du Arsch**
---
und genau darin so souverän. :-)
---
Rotraut bleibt Rotraut –
das ist vielmehr intuitive Ideen - Alchemie als Unterricht und mit Abstand die bunteste Filmklasse der Welt! Nur ganz kurz - 10 Tage lang, auf der Filmfahrt - da mussten deine Studierenden
tatsächlich mal alles richtig machen, und das auch das nur, um hinterher alles wieder zu zerstören.
Danke! --- Rotraut
das ist auch die Filmnacht am zweiten Abend des Rundgangs
es ist die leidenschaftliche Performance einer Professorin für Film, die ihre jungen Männer und Frauen nach oben holt, auf die angestrahlte Bühne, --
**he ho, Lets go!**
Schnullibulli --
und, jeder im Publikum merkt schnell, dass hier oftmals über lange Zeit Beziehungen gewirkt haben. Rotraut. Wie hast du das geschafft, die jedem Menschen eigene Poesie freizulegen?---------
»Denken ohne Geländer«, so hat es Hannah Arendt formuliert, so hast du‘s gelebt, und so mach ich jetzt weiter.
Danke, Rodi,
das war
Hot Chili… and spice…
in Marokko, Kassel, Osnabrück, Tunesien, auf Bali, Guadeloupe und Shanghai
good bye…
Bernd Kracke
Für Dich, liebste Rodi, und für Euch liebe Sigrid und liebe Charli, und auch für Dich lieber Couty, in tiefer Trauer und Fassungslosigkeit, die mich eigentlich sprachlos macht über diesen gewaltigen Verlust. Und dennoch möchte ich wie alle hier heute meine Betroffenheit, meine Anteilnahme und meine lange und innige Freundschaft und kollegiale Verbundenheit mit Dir, liebe Rodi, in Worte fassen. Das kann und soll nicht formell und konventionell sein, das würde Dir in keinster Weiser gerecht. Darum ist es eher etwas experimentell und gewagt, vielleicht eine Gratwanderung zwischen Offiziellem und Privatem. So wie Du es immer gerne gemocht hast.
1975. Lerchenfeld Ahoi. Video Ahoi. Raskin Stichting Ahoi.
Rodi und ich im gleichen Boot.
Leinen los für Sturm und Drang. Aus den Augen, aber nicht aus dem Sinn.
Ozeane zwischen uns. Kosmen in uns.
2001. Die Odyssee begann. Entering Space ship HfG.
Rodi und ich nach 25 Jahren wieder im gleichen Boot.
Learning from the Clip. Lost in Music. Sixcon.
Erste Friederichs-Stiftungsprofessur an der HfG.
Und dann der Schwur.
2004. Herbst. Spree. Pape. Professur.
Preise. Reise. Deine Weise.
Schlag auf Schlag das Ding gerockt.
Filmfahrt. Filmnacht und Diplome.
2007. Hessische Film und Medienakademie nach langem Ringen gemeinsam auf den Weg gebracht.
2011. Prodekanin. Für viele Jahre. Engagement pur. Vorbildlich und mit großem Teamgeist.
2012. B3. Dabei. Dabei. Dabei.
Fulldome. Immersion. VR.
Laurie, Brian, Jonas, Wer?
Offenbach, Frankfurt, Beijing, Shanghai ...
2015. Neubau GO. Ende einer langen Vorgeschichte und Beginn einer neuen Zeitrechnung.
Deine Visionen, Deine klugen Ideen und Dein Rat sollten mit zum Fundament der neuen HfG 21 werden.
Du bist das Herz, das für uns schlägt.
Du hast die hfg, hast uns geprägt.
Du bist die Schwester. Ich der Bruder.
Du bist die Göre. Ich der Butscher.
Du bist die Pracht. Die Lockenpracht.
Du bist die Macht. Die alles macht. Die alles kann.
Du bist die Nacht. Die Filmnacht.
Du bist die lacht. Wir weinen, weinen, weinen.
Du hast weggemacht. Viel zu früh.
Rodi, wir vermissen Dich. Wir verneigen uns vor Dir und Deinem Spirit.
Wir bedanken uns für alles, was Du uns gegeben hast.
R O D I ?
A letter from Rodi’s American guest sister Laura Craighead
As I know Rodi, she was never one to dwell in sadness. Over this last illness she found humor and art in her treatment, sending me pictures of her in a ridiculous wig, or a series of photos documenting her radiation. There was sadness, but also always humor and her artist's perspective. She told me being ill and dying seemed abstract. She couldn't quite believe it. She was far more interested in getting on with life, as fully as she could, for as long as she could. It seems to me that she did just that.
Right before the seizures took her, she sent me the invitation to the opening for the art film festival, on 13th of April in Hamburg that included her film. The email memo said »Happy Day!« Even the final blow of her illness knocked her unconscious, so she did not have to witness her own withdrawal from life. As she lay dying her art was present and actively representing her life force in Hamburg.
A modern poem by Marge Piercy:
When I die
Give what's left of me away
To children
And old men that wait to die
And if you need to cry,
Cry for your brother
Walking the street beside you.
And when you need me,
Put your arms
Around anyone
And give them
What you need to give me.
I want to leave you something.
Something better
Than words
Or sounds
Look for me in the people I've known
Or loved
And if you cannot give me away,
At least let me live in your eyes,
Not your mind.
And you can love me most
By letting hands touch bodies,
And by letting go of children
That need to be free.
Love doesn't die
People do.
So when all that is left of me is love
Give me away.
So my plan is always to hold onto Rodi through love. In loving memories, but also in knowing that she is part of me, so when I give of myself, I give a little of Rodi too.