»Kaspar« von Peter Handke

Peter Handke: Kaspar
Premiere: Freitag, 05.02.2010, 20 Uhr
Weitere Termine: 06.02.2010, 12.03.2010, 13.03.2010
Regie: Veit Kassel
Bühne und Kostüme: Teresa Rinn (HfG-Studentin)
Sounddesign: Bastian Zimmermann
Dramaturgie: Georg Mellert
Mit:
Angel Krastev
Daniel Kröhnert
Laura Parker
Tina Witthon
Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Spielstätte Wartburg
http://www.staatstheater-wiesbaden.de
Stück und Inszenierung:
Ein Mensch kommt auf die Bühne, halb Clown, halb Kind. Zu Beginn unartikuliert, grotesk, ‚pudelnärrisch‘, wird er von anonymen ‚Einsagern‘ durch Sprechfolterung selbst zum Sprechen gebracht. Standardisierte Sprachmuster, Alltagsweisheiten und Moralvorstellungen machen aus ihm ein Individuum, das ordentlich ‚Ich‘ sagen kann und seine Kleidung nie falsch knöpft. Er kann sich repräsentieren, kann sich bemerkbar machen, doch der Disziplinierungsprozess, den er durchlaufen hat, kostet ihn auch die Freiheit, anders zu sein: ungeschlacht und sensibel, roh und poetisch.
Peter Handkes Kaspar unterzieht unsere Vorstellungen von Individualität einer scharfen Kritik: nicht Eigenständigkeit, sondern Leben in vorgegebenen Formen wird von der Gesellschaft belohnt. Was Kaspar auf der Bühne durchmacht, findet tagtäglich statt: sich Anpassen, den anderen aufs Maul schauen um ihnen danach zu reden, sich gleichzeitig selbst behaupten und selbst verleugnen. Auf Facebook-Profilen und in Reality-Shows wird die Frage ‚Wer bin ich?‘ durch Blättern in einem Katalog vordefinierter Charaktereigenschaften beantwortbar.
Veit Kassels Adaption von Handkes modernem Klassiker gibt dem gesellschaftlichen Anpassungsdruck ein Gesicht. Vier Darsteller – ein Gebärdensprachler, eine Tänzerin, eine Schauspielerin und ein Bulgare – werfen sich hier mit ihrer jeweils eigenen Ausdrucksform auf die Bühne. Abwechselnd Gleichmacher und Gleichgemachter, unterziehen sie sich reihum dem Kaspar-Prozess. Die Anpassung wird nicht von außen gefordert, sondern entsteht aus der Mitte dieser kleinen Gemeinschaft, die doch nur eines will – sich verstehen.
Eine Produktion der Hessischen Theaterakademie in Kooperation mit dem Staatstheater Wiesbaden
01.02.10