Licht-Installation von rosalie bei den Donaueschinger Musiktagen 2006




Seit 1921 bestehen die Donaueschinger Musiktage, die das älteste und traditionsreichste Festival für Neue Musik weltweit sind. Die Musiktage finden jeweils am dritten Oktoberwochenende statt und werden vom Südwestrundfunk (SWR) veranstaltet. Seit ihrem Bestehen sind sie eines der wichtigsten Aufführungsforen für zeitgenössische Klangkunst. Die Werke einiger der einflussreichsten Komponisten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind dort uraufgeführt worden, etwa die Spätwerke Luigi Nonos oder Orchesterwerke von Karlheinz Stockhausen oder György Ligeti. Nicht selten ist der Erstaufführung ein Kompositionsauftrag des SWRs vorausgegangen. Mittlerweile finden sich im Programm auch experimentelle Hörspiel, Musikfilme, Multimediaprojekte oder Klanginstallationen.
Am Sonntag, den 22. Oktober 2006, wurde in der Baar-Halle in Donaueschingen das große Abschlusskonzert gegeben. Neben Orchesterwerken von Jörg Widmann und Manfred Stahnke wurde »Hyperion«, ein Konzert für Lichtstimme und Orchester, des österreichischen Komponisten Georg Friedrich Haas und der Künstlerin rosalie aufgeführt. rosalie lehrt als Professorin Bühnen- und Kostümbild in der Fachrichtung Bühne an der HfG Offenbach und der Hessischen Theaterakademie. Die Konzert-Installation, die eine Aufführungszeit von knapp 40 Minuten hatte, umgab den gesamten Veranstaltungsort mit einem zwei Meter hohen Lichtband aus von innen verschiedentlich beleuchteten Kunststoffeimern. Das Publikum konnte inmitten des Lichtes sitzen oder sich frei im Raum bewegen. Die Musiker des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg unter Leitung von Rupert Huber waren unterhalb des Bandes in vier Gruppen aufgestellt. Nach Haas’ Kompositionsprinzip reagierten die Orchestergruppen auf die Lichtsignale als on sie den Zeichen einer Dirigentin folgen würden. Somit konnte das Publikum eine außergewöhnliche Klang-Licht-Kombination erfahren, die über das rein synästhetische Konzept hinausgeht. Klang und Licht wurden als gleichwertige Elemente des Wahrnehmungsakts dargeboten. Nach dem Konzert konnte Hyperion als „stille“ Lichtinstallation weitererlebt werden.
Der Dramaturg Dr. Wolfgang Hofer und rosalie in einem gemeinsamen Text zur Intention der neuartigen Lichtinstallation: „Es geht um die Idee einer besonderen ästhetischen Ausfahrt. Die Parole heißt - unabhängig voneinander und konkret aufeinander bezogen: ästhetische Parallelaktion. Als Reise ins Niemandsland. Ans Ende des Lichts. Mit einer Musik, alle Musik endlos zu enden. Als Toposforschung. Und zwar - zumindest in ästheticis - im Licht des U-Topischen.“.
Die Resonanz beim Publikum war äußerst groß und viele nutzten die Zeit nach der Aufführung für ein erneutes Begehen des Installationsraums. Auch in den Rezensionen der Musiktage wurde die Arbeit begeistert erwähnt. Nach Hans-Klaus Jungheinrich in seiner Besprechung vom 24. Oktober 2006 in der Frankfurter Rundschau ist die Installation eine „auf Überwältigung durch Ambiente gerichtetes Gesamtkunstwerk, mit dichter Wechselwirkung seiner Komponenten.“ Und Mirko Weber in Der Zeit vom 26. Oktober sieht in dem Werk eine die „Musik erst herauskitzelnde Lichtinstallation“.
pm,
30.10.2006