Lithografie in Offenbach - Wettbewerb Senefelder Skulptur

Der Rotary Club Offenbach (RCO) hat im Sommer 2009 einen Wettbewerb für eine neue Senefelder Skulptur in Offenbach ausgeschrieben. Dieser richtete sich ausschließlich an einen ausgewählten Kreis von Absolventen der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach, die auf Vorschlag der Professoren Wolfgang Luy (Bildhauerei), Heiner Blum (Experimentelle Raumgestaltung) und Peter Eckart (Produktgestaltung) Entwürfe einreichen konnten. Zehn Künstler und Designer reichten16 Beiträge ein, aus denen die Jury einen ersten, zweiten und dritten Platz wählte. An Stelle eines Preisgeldes ist vorgesehen, dass der Entwurf des Erstplatzierten realisiert wird. Als Gesamtbudget sind ca. 30.000 Euro vorgesehen. Bei der Entscheidung der Jury waren jedoch nicht die späteren Realisierungskosten maßgeblich, sondern vor allem die kreative Kraft und Innovationsfähigkeit des Entwurfs.
Als Standort für die neue Senefelder Skulptur ist der Büsingpark vorgesehen, wo sich auch die in den 1960er Jahren aufgestellte Senefelder-Gedenktafel befindet. Die Wettbewerbsteilnehmer waren in ihrer Standortwahl innerhalb des Parks nicht gebunden. Die Entwerfer haben jedoch alle den Ort der ersten Skulptur gewählt. Der 2007 grundlegend umgestaltete Büsingpark ist das Kernstück der Offenbacher Maingärten und hat mit seiner Lage gegenüber des Rathauses, zwischen der Messe und dem Sheraton Hotel/Büsingpalais sowie im direkten Umfeld der Geschäftsstraßen und Banken, eine hohe repräsentative Bedeutung.
Eine Ausstellung, die alle eingereichten Entwürfe präsentiert, ist vom
20. bis 24. Januar 2010, jeweils 17 bis 20 Uhr, in der rechten Schlosskapelle (Isenburger Schloss) geöffnet.

1. Platz: »Relief der Lithografie Steine« von Kai Linke
Begründung der Jury:
„Ein Beitrag mit einer hohen bildhauerischen Ausdruckskraft.
Der Bezug zu dem Thema ’Lithografie Steine’ wird signifikant und überzeugend hergestellt. Grundlage und Idee des Beitrages sind Archive für Lithografie-Steine sowie die Verbindung mit dem Fund von 150 Lithografie-Steinen beim Freilegen der Offenbacher Wirkungsstätte Alois Senefelders. Der künstlerische Wert des Beitrages ist es, diese Idee in eine zeitgemäße Form und Materialsprache zu übersetzen. Damit wird an dieser Stelle eine Form der Darstellung gefunden, die auf den Betrachter zugeht und die Neugierde weckt.Die Art und Weise der Umsetzung ist für einen Wettbewerbsbeitrag schon weit gedacht und klar strukturiert.“

2. Platz: »Senefelder Palette« von Sebastian Herkner
Begründung der Jury:
„Dem Preisträger gelingt es, durch eine sehr moderne Form eine gute Interpretation zu erwirken.
Beim Künstler steht das Material als solches in Verbindung mit der industriebezogenen Verarbeitung im Vordergrund. Die Jury überzeugt die Idee der Präsentation und die Machbarkeit in der Umsetzung.“

3. Preis: »Senefelder Stele« von Marcus Gundling
Begründung der Jury:
„Die Senefelder Stele ist nach Ansicht der Jury der signifikanteste Beitrag, der insbesondere in der heutigen Zeit der „lauten Kommunikation“ von Themen jedweder Art seinen Platz beanspruchen würde.“
Die Jury:
Dipl.-Ing. R. Martin Lange, Beiratsvorsitzender der Int. Senefelder Stiftung
Prof. Claus Bury, Bildhauer Frankfurt/Nürnberg
Prof. Bernd Kracke, Präsident HfG Offenbach (Vorsitzender)
Dr. W. Kappus, Rotary Club Offenbach
Dipl.-Ing. Christian Steguweit, Rotary Club Offenbach
Beisitzer (beratend):
Frau Karin Andrè, Künstlerin, Hannover
Frau Dipl.Ing. H. Münster-Voswinkel, Stadtplanung Offenbach
Herr Stadtkämmerer Michael Beseler, Stadt Offenbach
Herr Dr. Stefan Soltek, Klingspormuseum, Offenbach
Alois Senefelder und die Erfindung der Lithografie
Die neue Senefelder Skulptur soll an die Erfindung der Lithografie bzw. an deren Wurzeln in Offenbach erinnern. Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Steindruck als ein Flachdruckverfahren entwickelt, das ein kostengünstiges und einfaches Vervielfältigen mehrfarbiger bildnerischer Darstellungen ermöglichte. Erfunden hat den Flachdruck und die Lithografie der Theaterschriftsteller und Schauspieler Alois Senefelder (1771–1834), der dieses chemische Druckverfahren zuerst anwendete. Das Verfahren basiert auf der Abstoßreaktion von Fett und Wasser auf dem Druckstein: Mit fetthaltiger Tusche und Kreide wurden die (seitenverkehrt) zu druckenden Stellen wasserabweisend und die nicht zu druckenden Stellen fettabweisend präpariert. Die anschließend aufgebrachte fetthaltige Druckfarbe haftete schließlich nur an den wasserabweisenden Stellen. Als ideales Material für die Drucksteine fand Senefelder einen besonders feinkörnigen Kalkstein, den Solnhofer Plattenkalk. 1797 baute er für sein Flachdruckverfahren eine Stangen- bzw. Galgenpresse, seine Erfindung nannte er Steindruckerei (später in Frankreich Lithografie genannt).
Die erste kommerzielle Nutzung des Druckverfahrens erfolgte ab 1800, nachdem der Offenbacher Musikverleger Johann Anton André von Senefelder das Patentrecht für den Druck von Musiknoten erworben hatte. Im Jahr zuvor hatte er den Nachlass Wolfgang Amadeus Mozarts von Constanze Mozart erworben und sich gleichzeitig per Vertrag die Rechte an Senefelders neuem Druckverfahren gesichert. Somit konnte André in seinen Verlagsräumen in der Offenbacher Domstraße 21-23, wo Senefelder selbst die ersten fünf Steindruckpressen einrichtete und André in deren Gebrauch unterrichtete, erstmals die neue Produktionsmethode zur Notenherstellung nutzen. In der Folge errichtete André, der die enorme Bedeutung der Erfindung erkannte, gemeinsam mit seinen Brüdern Verlagsfilialen in Paris und London. Bald wurden auch farbige Künstlergrafiken, Landkarten oder Städteansichten – ohne Verfälschung des künstlerischen Ursprungs – in Senefelders Verfahren gedruckt.
20.01.2010