MAN SON 1969. Vom Schrecken der Situation

3 Tücher aus dem Ausstellungsbeitrag »max_headroom indigo/soga«
von Rotraut Pape, Professorin für Film/Video an der HfG Offenbach
„Die Ausstellung MAN SON 1969. Vom Schrecken der Situation widmet sich dem Reiz und der Gefahr der Extreme. Ausgangspunkt sind historische Ereignisse in Ästhetik und Politik, Lebenskunst und Gegenkultur der 1960er Jahre, deren Bedeutung bis heute umstritten ist. Rückblickend auf das Jahr 1969 werden 35 internationale Künstler und Künstlerinnen eingeladen, die Frage der Ambivalenz der Extreme dieser Zeit weit reichender gesellschaftlicher Reformprozesse mit neuen Arbeiten aufzugreifen. Die zeitgenössischen Positionen werden mit drei Gemälden aus verschiedenen Epochen, darunter Meister Franckes Christus als Schmerzensmann und John, der Frauenmörder von George Grosz, in Beziehung gesetzt. Charles Manson, geboren 1934, ist eine zentrale Figur der amerikanischen Hippie-Kultur. Er gilt als Anstifter der Morde an dem prominenten Filmstar Sharon Tate und sechs weiteren Personen im August 1969. Sein Name und sein Image dienen aufgrund einer höchst umstrittenen Medien-Popularität als Stichwortgeber der Ausstellung. [...]“
(Ankündigung der Kunsthalle Hamburg)
20.01.2009
Ausstellungsdauer:
30. Januar bis 26. April 2009
Öffnungszeiten:
Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Do.10 bis 21 Uhr
Galerie der Gegenwart
Hamburger Kunsthalle
Glockengießerwall
20095 Hamburg
www.hamburger-kunsthalle.de/manson
„Die Abbildungen von zwölf fotomedizinischen Längsschnitten durch zwei menschliche Schädel hängen auf Batiktücher übertragen von der Decke. Es handelt sich um Kernspintomografien, die wie Wachszeichnungen von Hand auf die Tücher aufgebracht wurden. Sie sind auf Java, Indonesien, gefertigt worden. Die abstrakten Gestalten mit Kopf und Schultern sind von traditionellen Batikmustern und Ornamenten umgeben. Die Stoffe ihrerseits wurden in mehreren Durchgängen mit den Pflanzenfarbstoffen Indigo und rotbraunem Soga getränkt und eingefärbt. Durch die Fertigungstechnik und ihre Motive erscheinen die Tücher wie gesättigt von Geschichte. Denn auf Java wurde 1891 eine Schädeldecke entdeckt, die Rückschlüsse auf einen "Homo erectus" zuließ, den so genannten Java-Menschen, dessen Alter auf 500.000 Jahre geschätzt wurde.
Der "Headroom" von Rotraut Pape gibt je im Wechsel die Batikzeichnung eines Männerkopfes und die einer Frau wieder. Die Innenansichten der Kopfgestalten sind hintereinander aufgereiht, ähnlich den Schichtaufnahmen der Tomografie. Pape interessiert sich für starke Gegensätze und eine innere Form, die in einer äußeren Gestalt zum Ausdruck kommt. Sie begann mit der tomografischen Durchleuchtung von präpariertem Obst und Gemüse und widmete sich dann in aller Konsequenz dem (eigenen) menschlichen Schädel, der die "Ambivalenz der Extreme" überhaupt erst denken lässt.“
(Dirck Möllmann im Katalog zur Ausstellung)