Trauer um Helmut Herbst

Foto: HfG Offenbach
Die Hochschule für Gestaltung Offenbach trauert um Helmut Herbst, der am Samstag 86-jährig in seiner Heimat Brombachtal (Odenwald) gestorben ist. Herbst war von 1985 bis 2000 Professor für Film und Video in Offenbach.
Helmut Herbst war der Vater des deutschen Undergroundfilms. Der 1934 im nordrheinwestfälischen Escherdorf geborene Maler, Trickfilmer, Filmemacher und Filmproduzent, der Malerei an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg studiert hat, war eine Schlüsselfigur des Anderen Kinos in Deutschland. 1962 gründete er seine Firma Cinegrafik, mit der er bis heute unabhängige Filme von Marquard Bohm, Hellmuth Costard, Franz Winzentsten, Hartmut Bitomsky und Harun Farocki produzierte. 1967 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Hamburger Filmmacher Cooperative, eine Art europäische Variante des amerikanischen Undergroundkinos.
Changierend zwischen Trick-, Dokumentar- und Spielfilm, stand Herbst für eine Offenheit anarchischer Ideen, für einen in alle Richtungen offenen Film. Er hat, inspiriert vom Maler, Grafiker, Fotomontagekünstler und Bühnenbildner John Heartfield, die Montage-Ideen der 1920er-Jahre für eine neue, politische Medienkultur erneuert. Überhaupt war der filmhistorische Diskurs, die Auseinandersetzung mit dem frühen Kino, ein wichtiger Motor für den Filmemacher. Herbst hat in den 1960er-Jahren visuelle Satiren gedreht, die sich gegen die damals führenden osteuropäischen Studios behaupten konnten. 1963/64 hat er mit »Schwarz Weiß Rot« einen Legetrick-Kurzfilm gedreht, der den ästhetischen Bogen schlägt zwischen zwei deutschen Diktaturen und der Springerpresse, sein Kurzspielfilm »Na und?« (1967), ein Gemeinschaftsprojekt mit Markwart Bohm, ist einer der wenigen wirklichen deutschen Nouvelle-Vague-Filme. Zuletzt feierte auf dem Filmfestival Ludwigshafen 2019 »Es geht ein dunkle Wolk herein« Premiere, eine Langzeitdokumentation aus der Landwirtschaft im Odenwald von Oliver Wörner, die Herbst produziert und geschnitten hat.
Von 1969 bis 1979 war Herbst Dozent an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB), bevor er 1985 an die HfG kam. Während seiner Zeit in Offenbach hat er den Filmbereich inhaltlich und technisch ausgebaut und als Lehrer eine ganze Generation unabhängiger Filmemacher_innen geprägt. Er setzte sich stets für das unabhängige Kino ein und kritisierte ein Filmfördersystem, das die Avantgarde links liegen ließ.
Mit Helmut Herbst haben wir und die gesamte Filmszene einen unermüdlichen Streiter für den unabhängigen Film und den Erhalt des Filmerbes verloren.
Beerdigung
22. Oktober 2021, 10:30 Uhr
Brombachtal-Birkert