Julia Hainz

I will have been in transmatter  julia hainz 2018

I will have been transmatter

Julia Haniz, 2018

Ästhetik der Fluidität Über performative Differenz im Jenseits kapitalistischer Flexibilisierungen

Fachbereich Kunst

Neben der Produktion neuer Repräsentationen des Selbst und deren struktureller Kontextualisierung seit den 1990er Jahren beschäftigt sich, nach Catherine Wood, performative Praxis in der Gegenwart verstärkt mit Fragen nach Entfremdung, otherness, Fluidität und Vielfalt. (Wood, 2018) Die Venedig Biennale 2019 scheint dies mit Nachdruck zu bestätigen. Eine Vielzahl an Positionen aus dem Bereich nonbinary performance art sind dort zu sehen. 

Aufgrund des inhärenten Fokus´ auf Fragen der (subjektiven) Handlungsfähigkeit, liegt eine Auseinandersetzung in Bezug auf Subjektivierungsformen über eine performanceorientierte ästhetische Praxis nahe. Das Subjekt sieht sich in der Gegenwart in einem Widerspruch, der eine beständige Fluidisierung der Form bei gleichbleibendem Anspruch an deren Kompatibilität erfordert. Differenz verläuft in den Grenzen ihrer Nutzbarmachung. In Bezug auf die gesellschaftliche Brisanz innerhalb dieses Diskurses, möchte ich in meinem Projekt einer Ästhetik der Fluidität nach den Möglichkeiten und Grenzen von Differenz innerhalb gegenwärtiger kapitalistischer Flexibilisierungen fragen. Wie kann diese also sichtbar werden, als bewegliche, wenn Differenz nur anhand ihrer Funktionsformen überhaupt lesbar wird?

Die Idee eines Subjekts, welches in fluider Bewegung seine feste Form beständig überschreitet, bildete sich als ein radikal anti-bürgerliches Modell zu Beginn des 20. Jahrhunderts heraus. Nach Andreas Reckwitz steht dieses der Bemühung einer Mäßigung von Bewegungen, im Sinne einer Wahrung von Kontinuität, im Kontext einer Moral der sich im 18. Jahrhundert formierenden bürgerlichen Kultur, gegenüber. Das gegenwärtige Subjekt beschreibt Reckwitz als ein Hybrid dieser beiden gegenläufigen Bewegungsformen, das in spezifischer Überlagerung beide kombiniert. (Reckwitz, 2004)
​Die zeitgenössische Schriftstellerin und Performancekünstlerin Verity Spott versucht in ihren Trans*Manifestos von einer gelebten Praxis aus zu schreiben, die das Selbst im ständigen Austausch annimmt. Dabei problematisiert Spott wie in Konzepten von Fluidität, im Sinne einer Transgression identitätsproduzierender Normen und gesellschaftlicher Zwänge, entgegen eines emanzipatorischen Interesses diese integriert sind. Im Besonderen beschreibt sie dies in Bezug auf den Begriff trans*, welcher, ihrer Argumentation folgend, an einen Übergang referiert, der ein from and to impliziert. Für Spott implementiert dieser eine Form von Binarität, die jede Bewegung verwehrt. In dessen Konsequenz plädiert sie dafür den through space dauerhaft zu besetzen. (Spott, 2018) In dieser Hinsicht, stellt der Zwischenraum keine Utopie, also ein Nirgendwo, sondern einen anderen Raum, eine Heterotopie (Foucault) dar. Wenn wir uns nun Differenz, Spott folgend, nicht als eine zu erreichende Beweglichkeit, eine Verflüssigung unserer Selbst vorstellen, sondern als genuine Heterotopie, die uns bereits immer durchzieht: dann stellt sich statt der Frage nach der Eröffnung eines solchen Raumes die nach seiner Navigation. Im Rahmen meiner Promotion werde ich diese über eine kritische Analyse zeitgenössischer Positionen, wie auch in eigener künstlerisch forschender Praxis konzeptualisieren.

  • Wood, Catherine (2018): Performance in Contemporary Art, Tate Publishing: London
  • Reckwitz, Andreas: Die Gleichförmigkeit und die Bewegtheit des Subjekts: Moderne Subjektivität im Konflikt von bürgerlicher und avantgardistischer Codierung. In: Klein, Gabriele (2004): Bewegung. Sozial- und kulturwissenschaftliche Konzepte: Bielefeld
  • Spott, Verity (2018): Prayers, Manifestos, Bravery, Pilot Press: London

    Betreuende:

    Prof. Dr. Juliane Rebentisch

    Prof. Kerstin Cmelka
    www.juliahainz.com

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