Trauer um Prof. rosalie
Mit großer Betroffenheit nehmen die Lehrenden, Mitarbeiter_innen, Absolvent_innen und Studierenden der HfG Abschied von Prof. rosalie, die nach längerer Krankheit in Stuttgart gestorben ist. Die international renommierte Künstlerin war seit 1995 Professorin für Bühnenbild und Kostümbild an der HfG Offenbach.
Mit rosalies Tod verliert die Hochschule eine engagierte Lehrerin, die mit ihrer Energie das selbst unmöglich scheinende stets möglich gemacht hat. Wir werden ihre Herzlichkeit und Menschlichkeit vermissen.
12.06.2017
Ein großer Verlust für unsere Hochschule und für die Kunst. Ich bin erschüttert und sehr traurig.
Bernd Kracke, Präsident der HfG
Das Schaffen von Dingen, das Erfinden, sodass es dich überrascht hat. Das war das Höchste, dann war die Freude unbändig.
Kuchen gab es immer (auch bei den letzten Besuchen), eigentlich für die anderen immer.
Für dich immer die Tasse Tee.
Und die ständige Suche nach neuen Gedanken, nach aufregenden Entdeckungen, einem neuen, künstlerischen Ausdruck, das Leben in eine höhere Dimension zu katapultieren, bei dir und bei anderen.
Dein großer Wunsch, die Menschen in ihrer Kreativität zu unterstützen und zu fördern, auf ihrem Weg zu begleiten, auf dem sie ihre eigene Wahrheit finden.
Bei mir hat es funktioniert.
Liebe Rosalie,
ich möchte dir danken für das Vertrauen, das du im Laufe der Jahre gefasst hast, den großen Freiraum, den du mir gelassen hast, die Freiheit. Ich habe unendlich viel gelernt in dieser Zeit.
Nina
Nina Zoller, Lehrkraft für besondere Aufgaben im Lehrgebiet Bühnenbild und Kostümbild an der HfG
Mit rosalie ist für mich mein Mensch gestorben, dem ich so viel zu verdanken habe, dass es mir kaum möglich sein wird, das in Worte zu fassen. Ohne Berührungsangst vor dem gesellschaftlichen Schmutz, aus dem sie mich barg und vor dem sie mich gerettet hat, setzte sie all ihre Feinsinnigkeit und Liebe daran, mir einen Studienplatz zu ermöglichen. Nie wieder bin ich danach einem so vorbehaltlos herzlichen und erfolgreichen Menschen begegnet.
Um so größer ist meine Trauer darum, es versäumt zu haben, ihr noch zu Lebzeiten dafür ausreichend gedankt zu haben. Jedes Mal, wenn ich nun an der Hamburgischen Staatsoper vorbeigehe, der Ort, an dem ich sie das letzte Mal gesehen habe, wird mich die Trauer darüber packen, sie nicht in den Arm genommen zu haben um ihr zu sagen: Danke rosalie, danke für all die Liebe und Zuneigung und Geduld, die ich von dir erfahren habe und die meinen Lebensweg so positiv beeinflusst hat.
Franz Dittrich, Absolvent der HfG
*viel Licht für Dich*
Meine liebe rosalie,
Ich vergesse Dich nie.
Ich dachte auch so viel und so oft an Dich.
Und werde ewig mit Dir sein.
Umarmung
Deine Wooyeon
WooYeon Chun, Absolventin der HfG
Bei Begegnungen, sei es auf dem Flur der Hochschule oder anlässlich einer Führung zum Rundgang, konnte rosalie aus dem Stand ins Schwelgen geraten: über die ersten beruflichen Erfolge ihrer Schülerinnen und Schülern, über das von einer studentischen Semesterarbeit womöglich berührte Thema, oder auch über eines ihrer eigenen Projekte.
rosalies Eingenommenheit von den Belangen ihres Schaffens oder des Schaffens anderer hatte etwas aus der Zeit Gefallenes. Das Hehre solcher Aufwallung verdankte sich bei ihr allerdings der Erfahrung, nur beizutragen zu einem so oder so noch aufzuführenden Werk, das der Sache nach ein Werk mehrerer war. Selbst dort, wo sie nicht für die Oper, sondern frei schuf, war es für rosalie fraglos, dass die letztendlich in ihrem Werk sich fügenden Kräfte des Lichtes, der Farbe, der Pracht mehr waren, als was sie selbst hatte wollen oder festlegen können.
Sodann das Urvertrauen in eine intersubjektiv verständliche, regelrecht lesbare Bedeutung von Farb-, Form- und Lichteinsatz, wie es für die Bildende Kunst als eher erodiert, wo nicht als verloren angesehen werden muss, für rosalie galt es ungebrochen. Hier ging sie nochmals über jenes Maß an wirkungsästhetisch geglaubter Visualisierbarkeit von Musik, Gefühl, Gestimmtheit hinaus, welches für das Bühnenbild als Gattung ja nicht völlig verzichtbar ist.
rosalie wird uns, jedenfalls wird sie mir fehlen: ihr feines Gespür für, und d.h. nun eigentlich gegen Betriebsamkeit; ihr unablässig Visionäres, jedoch in Schach gehalten durch schwäbischen Sarkasmus; ihre Verweigerung, das je Kompromissbeladene des Bühnenbildes als Problem anzuerkennen.
Christian Janecke, Professor für Kunstgeschichte an der HfG
A star is as far as the eye can see and as near as my eye is to me. (Emily Jacir)
Katharina Schwarz, Absolventin der HfG
Es gab nur wenige Begegnungen, aber immer intensive. Eine davon war geprägt von einer besonderen Großzügigkeit. 1995 wurde ich eingeladen – nach Bayreuth, um einen Teil des von ihr gestalteten Rings zu erleben. Es war Rheingold. Anschließend klang der Abend im Kreise ihrer Freunde aus. Darunter Tankred Dorst, der nur wenige Tage vor ihr gestorben ist. Es ist eine bleibende Erinnerung verbunden mit Dank an rosalie.
Ulrike Grünewald, Büro für Wissenstranfer an der HfG
Kennengelernt habe ich rosalie 2009 beim gemeinsamen Projekt »Xanthopsia« für das Ballett des Badischen Staatstheaters Karlsruhe. Ich erinnere mich noch sehr gut an unser erstes Telefongespräch und war sofort beeindruckt von ihrer Herzlichkeit, ihrem lebendigen Tatendrang und ihrer begeisterte Freude am gemeinsamen Unternehmen und Gestalten. Sie hat echte künstlerische Arbeit vorgelebt: Das Eingehen von existentiellen Risiken, Ergebnisoffenheit bei gleichzeitiger starker visionärer Führung, solides Handwerk und Innovation mit aktueller »state of the art«-Technik, umfassende Verantwortung und Eintreten für die Sache bis zur bis ins Detail ausgefeilten Umsetzung, trotz aller Widrigkeiten (Zitat: »Da meinsch Du kriegsch Junge!«).
Die künstlerischen Durchdringung des Ganzen war ihr Ziel, das »Gesamtkunstwerk«, das Denken und Arbeiten in grösseren Zusammenhängen und interdisziplinäre Zusammenarbeit an einem Projekt von Beginn an.
Ihre Liebe und Sinn für die Musik war dafür von essentieller Bedeutung, auch ihre Fähigkeit zur Abstraktion und zur Herstellung von komplexen Bezügen bei gleichzeitiger Klarheit der Form.
Auf die Frage, was sie sich für die Zukunft wünsche, sagte sie einmal, dass sie noch viele große Projekte verwirklichen möchte. Ich bin sehr traurig, dass dies Ihr nun nicht mehr vergönnt ist - die Inspiration durch sie bleibt.
Matthias Ockert, Komponist und Gitarrist
Rosalie war die einzige Künstlerin im Kollegium, mit der ich über Probleme der avancierten Kunst reden konnte. Ihr umfangreiches außergewöhnliches Werk, insbesondere ihre Inszenierungen und Kostüme für das Musiktheater, waren von einer spezifischen ästhetischen Kraft und einer formstreng formulierten poetischen Phantasie getragen. Sie nutzte für ihre zeitgemässe Bildsprache alle möglichen Elemente modernster Technik, doch ihre Lichtinstallationen erschienen mir trotzdem als Fenster zum Metaphysischen, als eine moderne Form jener Lichtspiele, die die mittelalerlichen Kathedralen erfüllen. Rosalie hat mir die Augen für das Werk von Richard Wagner geöffnet - aber nicht nur mir: auch Werner Hofmann, den wir nach Bayreuth eingeladen haben, war von ihrem »Ring des Nibelungen« begeistert.
Adam Jankowski, österreichischer Maler, 1987-2013 Professor für Malerei an der HfG
Bunte Eimer aus Regenbogenlicht und grün atmende Schirme – an das Video über »ihren« Bayreuther Ring musste ich denken, als ich rosalie 2005 an der Oper Frankfurt persönlich kennengelernte – damals als Assistentin für die »Nacht«. Mit rosalie gab es wenig Kompromisse – entweder man fand zusammen über die Kunst oder nicht.
rosalie forderte viel und gab selber alles – doch auch im größten Premierenstress vergaß sie nie, sich zu bedanken, wenn von ihr erbetene Aufgaben erledigt wurden, die über das übliche Maß hinaus gingen. In einer Arbeitsatmosphäre aus Herzlichkeit, Begeisterung, Professionalität, Experimentierfreude, Disziplin und künstlerischer Freiheit spornte sie alle Mitarbeiter_innen zu Höchstleistungen an. In besonderer Erinnerung ist mir das aufwändige Kleid aus Papierstoff für eine Solistin, welches die gesamte Kostümabteilung wochenlang beschäftigte und maßgeblich durch die hingebungsvolle Arbeit der damaligen Obergewandmeisterin zu realisieren war – für sie war es ihre letzte Opernproduktion vor dem Ruhestand. rosalies Fähigkeit, Menschen zu begeistern und herauszufordern, führte immer wieder zu außerordentlichen Ergebnissen, im Theater wie in der Hochschule.
Für mich bedeutete diese intensive Produktion den Startschuss für meine langjährige Arbeit als Lehrbeauftragte. Die Frage, ob ich Lust hätte, an der Hochschule für Gestaltung zu unterrichten, kam eher beiläufig, auf dem Weg zu einer der vielen Anproben, Zeit für längere Gespräche gab es sowieso nie. Und doch begleitete rosalies Menschlichkeit in all ihren Facetten jeden Schritt, es waren die kleinen Momente der Herzlichkeit und Anteilnahme, die Nähe herstellten und welche die Begegnungen mit ihr über all die Jahre so persönlich machten. Wir teilten Geschichten über Töchter und unsere Tierliebe ebenso miteinander wie die Begeisterung über Farben und Materialien, und über allem stand natürlich die Liebe zu Theater und Kunst. Die Ernsthaftigkeit der künstlerischen Auseinandersetzung war auch spürbar, wenn sie selber gar nicht anwesend war, und die Kunst war, mit allen Ambivalenzen und Differenzen, der eigentliche Ort der Begegnung.
Für das große Vertrauen, das rosalie mir sowohl als Mitarbeiterin am Theater, an der HfG als auch persönlich entgegen gebracht hat, kann ich ihr gar nicht genug danken.
Dass sie nicht mehr zur Tür hereinkommen wird, bleibt für mich unvorstellbar.
Berit Mohr, Lehrbeauftragte für Kostümherstellung an der HfG
Liebe rosalie,
wir vermissen dich sehr! Du hast uns immer angesteckt mit deiner Begeisterung und Energie. Und du hast uns viele schöne Stunden geschenkt, als wir an deinen Aufführungen teilhaben konnten. Dein Herz ist unseres und wir werden es niemals wieder hergeben.
Vielen Dank
Christine und Klaus Hesse, Professor für Konzeptionelle Gestaltung an der HfG
rosalie, das war Intensität in der Lehre; das war Reibung, Kampf um Anerkennung, Freude über Entwicklung, Insistenz auf Ergebnissen, Euphorie über das Erreichte und Blick nach vorne auf weitere Möglichkeiten für ihre Studierenden. rosalie, das war auch Ernsthaftigkeit den Stoffen gegenüber. Die Untersuchung der Stücke und ihrer Interpretationen nahm eine große Rolle ein: Es ging um die Konsequenzen, die sich aus dem Diskurs für das Bühnenbild ergeben, und um das Ausloten der eigenen theatralen Spielräume, die zu verteidigen, zu behaupten sind; das Bühnenbild verstanden als Mitspieler, nicht als Ausstattung. rosalie, das war Offenheit für Inspiration von unerwarteten Seiten, für Experimente im Material wie in der Theorie. rosalie, das war Ruhe und Bestimmtheit in den Gremien; das war die sehr erfolgreiche Verbindung ihrer Berufung als Bühnenbildnerin außerhalb wie innerhalb der Hochschule, das war zugleich Glamour und Alltag, Erfolg und Arbeit, interdisziplinäre Öffnung und nerdhafte Spezialisierung, inspirierende Künstlerin und liebenswerte Kollegin. Wir werden sie sehr vermissen.
Juliane Rebentisch, Professorin für Philosophie und Ästhetik an der HfG